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Steuerverkürzung (§§370 ff. AO)

STEUERVERKÜRZUNG IST EIN TYPISCHES COMPLIANCE-RISIKO FÜR UNTERNEHMEN UND KANN ERHEBLICHE STRAFRECHTLICHE KONSEQUENZEN NACH SICH ZIEHEN.

STEUERVERKÜRZUNG IST EIN TYPISCHES COMPLIANCE-RISIKO FÜR UNTERNEHMEN UND KANN ERHEBLICHE STRAFRECHTLICHE KONSEQUENZEN NACH SICH ZIEHEN.

Die strafrechtlichen Folgen einer Steuerverkürzung gemäß § 370 AO können für Unternehmen sowohl finanzielle als auch reputationsbezogene Schäden bedeuten. Es ist daher essenziell, dass Unternehmen ihre Steuererklärungen korrekt ausfüllen und alle relevanten Informationen transparent darlegen, um das Risiko einer Steuerverkürzung zu vermeiden.

Steuerverkürzung (§§370 ff. AO)

Steuerverkürzung (§§370 ff. AO)

Steuerverkürzung nach §§370 ff. AO

Steuerverkürzung nach §§370 ff. AO

Gründliche Untersuchung der §§370 ff. AO

Die Verkürzung von Unternehmenssteuern ist nicht nur an sich ein erhebliches Compliance-Risiko, sondern dient oft auch als Einfallstor zur Aufdeckung anderer im Unternehmen verborgener Compliance-Risiken.

Bezüglich der Hauptproblemfelder einer Steuerverkürzung im Interesse des Unternehmens, insbesondere der Umsatzsteuerverkürzung, der Lohnsteuerverkürzung und der Körperschaftssteuerverkürzung, kann auf die detaillierte Darstellung im Kapitel 25 Tax Compliance hingewiesen werden. Es ist offensichtlich, dass die vorsätzliche oder auch nur leichtfertige Verkürzung von Unternehmenssteuern im (vermeintlichen) Unternehmensinteresse ein Compliance-Risiko darstellt. Bei einer vorsätzlich begangenen Steuerhinterziehung drohen den Unternehmensverantwortlichen gemäß § 370 Abs. 1 AO Strafen von bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe. In besonders schweren Fällen kann die Freiheitsstrafe sogar zwischen sechs Monaten und zehn Jahren liegen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter Steuern „in großem Ausmaß“ verkürzt oder ungerechtfertigte Steuervorteile in entsprechender Höhe erlangt hat, gemäß § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO. Ein großes Ausmaß wird nach der Rechtsprechung des BGH bereits bei einer Steuerhinterziehung von über 50.000,00 EUR angenommen. Die frühere Unterscheidung zwischen Gefährdung des Steueranspruchs und echtem Vermögensverlust wurde vom BGH ausdrücklich aufgehoben. Das Erreichen der Schwelle des „großen Ausmaßes“ muss jedoch für jede einzelne Tat im materiellen Sinne, also für jeden Erklärungszeitraum, gesondert festgestellt werden. Aufgrund der immer strengeren Rechtsprechung des BGH in Steuerstrafsachen ist bei Erreichen eines Verkürzungsbetrages von 1 Mio. EUR konsequent eine Freiheitsstrafe von nicht unter zwei Jahren zu erwarten.

§ 56 Abs. 2 StGB sieht vor, dass eine Strafaussetzung zur Bewährung nur noch sehr ausnahmsweise bei Vorliegen besonders gewichtiger Milderungsgründe in Betracht kommt. Durch die Steuerverkürzung, die eine Verletzung unternehmensbezogener Pflichten darstellt und mit der Absicht der Bereicherung des Unternehmens einhergeht, droht dem Unternehmen neben der (Nach-)Zahlung der verkürzten Steuern und der Hinterziehungszinsen in Höhe von 0,5 % pro Monat auch die Bestrafung der Verantwortlichen. Zusätzlich kann das Unternehmen in das Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren einbezogen werden und es kann eine Unternehmensgeldbuße gemäß § 30 OWiG verhängt werden.

Weniger spektakulär aber umso gefährlicher ist die Aufdeckung weniger offensichtlicher Steuerverkürzungen, die auf andere, nicht-steuerrechtliche Compliance-Verstöße, insbesondere Korruptionssachverhalte, zurückgehen. Da Korruptionssachverhalte oft auf Verdunklung ausgelegt sind, liegt es nahe, dass die Zahlungswege und Beziehungsgeflechte auch gegenüber den Steuerbehörden nicht offenbart werden. Die Steuerbehörden unterliegen bei Kenntnisnahme einer Mitteilungspflicht an die Staatsanwaltschaft und würden Amtshilfe leisten. Obwohl die Aufwendung von Bestechungsgeldern bei oberflächlicher Betrachtung als betriebsnützlich erscheint, möchten Unternehmen oft nicht auf die steuermindernde Geltendmachung dieser Posten als Betriebsausgaben verzichten. Dies ist jedoch nicht mehr zulässig.

Bis 1999 war die steuermindernde Geltendmachung von im Ausland aufgewendeten sog. „Nützlichen Aufwendungen“ (also Bestechungsgeldern) als Betriebsausgaben einkommensteuerrechtlich erlaubt. Da die Auslandsbestechung in Deutschland jedoch bereits seit Inkrafttreten von EUBestG und IntBestG im September 1998 bzw. Februar 1999 strafrechtlich relevant wurde, änderte sich dieser Zustand.

Durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom 24.3.1999 änderte sich das EStG so, dass strafrechtlich oder bußgeldrechtlich relevante Zuwendungen nicht mehr absetzbar sind. Die Finanzbehörden sind in solchen Fällen sogar verpflichtet, die zuständige Staatsanwaltschaft zu informieren.

Aufgrund des Betriebsausgabenabzugsverbots des § 4 Abs. 5 EStG können bestimmte Betriebsausgaben den Gewinn nicht mindern. Insbesondere nach Nr. 10 betrifft dies die Zuwendung von Vorteilen sowie damit zusammenhängende Aufwendungen, wenn die Zuwendung der Vorteile eine rechtswidrige Handlung darstellt, die den Tatbestand eines Strafgesetzes oder eines Gesetzes erfüllt, das die Ahndung mit einer Geldbuße zulässt. Das Abzugsverbot bezieht sich somit auf jegliche Zahlung von Schmier- und Bestechungsgeldern sowie die damit verbundenen Kosten. Die strafrechtliche Relevanz einer Zuwendung ist nun Voraussetzung für die steuerliche Nichtabsetzbarkeit von Betriebsausgaben, wobei die strafrechtliche Bewertung für die steuerlichen Konsequenzen ausschlaggebend ist. Zwischen Steuerrecht und Strafrecht besteht eine Wechselwirkung, in die auch andere Regelungen des EStG einfließen. Zum Beispiel § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG, der besagt, dass 70% der Aufwendungen für die Bewirtung von Personen aus geschäftlichem Anlass, die nach allgemeiner Verkehrsauffassung als angemessen gelten und deren Höhe und betriebliche Veranlassung nachgewiesen sind, absetzbar sind. Oder die Regelung durch das BMF-Schreiben vom 22.8.2005, nach der Kundeneinladungen zu Sportveranstaltungen (VIP-Logen in Sportstätten) auch bei einem Wert von über 35,00 EUR vom Einladenden pauschal versteuert werden können und auf eine Empfängerbenennung gemäß § 160 AO verzichtet werden kann.

Der Versuch, die steuerlichen Vorgaben zu umgehen, indem Bestechungsgelder als Vermittlerprovisionen oder Beraterhonorar getarnt oder als abzugsfähige Betriebsausgaben steuermindernd geltend gemacht werden, stellt eine (versuchte) Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 AO dar. Neben einer Verkürzung der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer kann, da § 7 Abs. 1 GewStG auf das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 10 EStG verweist, auch eine Gewerbesteuerhinterziehung eintreten. Die durch die (versuchte) Geltendmachung von korruptiven Zahlungen als Betriebsausgabe bedingte Steuerhinterziehung wird oft erst im Rahmen der steuerlichen Betriebsprüfung deutlich und führt dann nicht nur zur Einleitung eines Steuerstrafverfahrens, sondern auch, aufgrund der verpflichtenden Information der Staatsanwaltschaft gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 10 Satz 3 EStG, zur Einleitung eines Korruptionsstrafverfahrens.

Die erhebliche praktische Relevanz des hier schlummernden Compliance-Risikos ergibt sich vor allem aus der profiskalischen Motivation der Betriebsprüfer. Da diese eine Prüfung häufig mit einem „Mehrergebnis“ abschließen möchten, fokussieren sie oft auf die oft nicht optimal dokumentierten Auslandssachverhalte, insbesondere Vermittlungsprovisionen und Beraterverträge. Ziel ist es, diesen Ausgaben im Sinne der Feststellung der Nichtabziehbarkeit eine strafrechtliche Relevanz zuzuweisen. Allein diese „Arbeitshypothese“ verpflichtet dazu, den dahingehenden Verdacht gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 10 Satz 3 EStG der zuständigen Staatsanwaltschaft zu melden. Der dadurch in Gang gesetzte Ermittlungsapparat verursacht bereits von sich aus Kollateralschäden im Unternehmen. Wenn dann aufgrund der im Steuerverfahren gemäß § 90 Abs. 2 AO geltenden erhöhten Mitwirkungspflicht bei Auslandssachverhalten der Nachweis über die Verwendung oder den Empfänger nicht gelingt, führt dies nicht nur zur Nichtanerkennung der Betriebsausgaben, sondern oft auch zu erheblichen Problemen im Strafverfahren wegen des behaupteten korruptiven Hintergrunds der Zahlungen.