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ALS VERANTWORTUNGSBEWUSSTES GROSSUNTERNEHMEN SETZEN WIR UNS INTENSIV MIT DEN RECHTLICHEN BESTIMMUNGEN IM BEREICH DER BETREIBERVERANTWORTUNG AUSEINANDER

ALS VERANTWORTUNGSBEWUSSTES GROSSUNTERNEHMEN SETZEN WIR UNS INTENSIV MIT DEN RECHTLICHEN BESTIMMUNGEN IM BEREICH DER BETREIBERVERANTWORTUNG AUSEINANDER

Eine fundierte Risikoanalyse und die Implementierung wirksamer Maßnahmen zur Prävention von Schäden sind notwendig, um betriebliche Verantwortung zu übernehmen und gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen. Wir schulen unsere Mitarbeiter hinsichtlich ihrer Pflichten und Verantwortlichkeiten und überprüfen ständig unsere Compliance-Strategien. Diese Maßnahmen minimieren Risiken und verhindern Strafen.

Strafrecht: Handlungsempfehlungen für Unternehmen

Im Bereich der heutigen Kern-Compliance-Risiken, wie Korruption, Untreue, Steuerhinterziehung sowie Verstöße gegen das Kartell- oder Datenschutzrecht, war die Situation früher anders. Bis 1998 waren die Tatbestände der Inlands-Korruption ein relativ stumpfes Schwert. Bei der Vorteilsgewährung musste die Justiz den Abschluss einer konkreten Unrechtsvereinbarung nachweisen, und die Anforderungen der Rechtsprechung waren hoch. Die Auslands-Korruption war in Deutschland nicht strafbar. Tatsächlich betrachtete der Staat die Auslands-Korruption deutscher Unternehmen als Akquisitionsinstrument und erkannte den Einsatz der dafür erforderlichen Mittel, die sog. „nützlichen Aufwendungen“ (NA), steuerlich als Betriebsausgaben.

Kapitel nd Strafrecht

Entschlüsselung von Straftaten

Wesentliche Aspekte von Straftaten erläutert.

Die Notwendigkeit sowie die rechtliche Verpflichtung zur Installation eines Compliance Managements stammen zumindest ursprünglich nicht aus der Sorge um die strafrechtliche Gesetzmäßigkeit des unternehmerischen Handelns oder der Sorge um die Wirkung strafrechtlicher Verfehlungen auf das Unternehmen.

In der „Vor-Compliance-Zeit“ (bis 1998) gab es einen Zielkonflikt zwischen einer Verpflichtung zu ethischem und damit auch strafrechtskonformem Handeln auf der einen Seite und der Verpflichtung zur Ertragsoptimierung im Sinne des Shareholder-Value Gedankens auf der anderen Seite. Hier floss eine strafrechtliche Grenzüberschreitung als opportun oder zumindest als hinnehmbar in eine Kosten-Nutzen-Abwägung ein. Je weniger „ehrenrührig“ die strafrechtliche Grenzüberschreitung in den relevanten Kreisen, wie zum Beispiel der sog. „Deutschland AG“, erschien und je geringer das Entdeckungsrisiko war, desto eher akzeptierten die Unternehmensverantwortlichen ein solches Risiko. Dabei achteten sie stets darauf, dass im Falle der Entdeckung eine Verstrickung nicht bis in den Vorstand oder möglicherweise den Aufsichtsrat nachweisbar ist.

In diesem Umfeld führte der Gesetzgeber im Jahr 1998 durch das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) die für die Compliance grundlegende Norm des § 91 Abs. 2 AktG ein. Nach dieser Vorschrift muss der Vorstand der Aktiengesellschaft „geeignete Maßnahmen“ treffen, „insbesondere ein Überwachungssystem einrichten“, durch das „den Fortbestand der Gesellschaft gefährdende Entwicklungen früh erkannt“ werden. Ein solches Überwachungssystem war nach seinem Wortlaut zu dieser Zeit nur zur Früherkennung betriebswirtschaftlich existenzgefährdender Risiken bestimmt. Dass strafrechtliche Compliance-Risiken innerhalb weniger Jahre als existenzgefährdend für das Unternehmen betrachtet werden, war damals nicht offensichtlich.

Seit 1998 hat der Gesetzgeber, insbesondere im Strafrecht, einen dramatischen Kurswechsel vorgenommen, der heute das Erfordernis einer insbesondere strafrechtsbasierten Compliance klar bestätigt.

Nachdem die bis dato unzureichende Korruptionsbekämpfung im Jahr 1996 Gegenstand des 61. Deutschen Juristentages war und die geplanten Maßnahmen dort umstritten waren, verabschiedete der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Bekämpfung der Korruption vom 13.8.1997 (KorrBekG) einschneidende Verschärfungen im Korruptionsstrafrecht. Diese Maßnahmen zielten darauf ab, die bestehenden Lücken zu schließen und Verfolgungsprobleme zu beseitigen. Neben einer deutlichen Verschärfung der Strafandrohung für die Korruptionsdelikte des Kernstrafrechts lag der Fokus auf der Erfassung des sog. „Drittvorteils“, also der Strafbarkeit der Zuwendung an einen dem Amtsträger nahestehenden Dritten. Zudem wurde die sog. „Unrechtsvereinbarung“ gelockert, was die inhaltliche Verknüpfung von Dienstausübung und Vorteilszuwendung betrifft. Der Abschnitt „Straftaten gegen den Wettbewerb“ kam ins StGB. Dieser Abschnitt umfasst nicht nur den neu gefassten Straftatbestand des § 298 StGB, sondern auch die aus dem Nebenstrafrecht (UWG) stammenden Delikte der Nicht-Amtsträger-Bestechung und kam ins StGB (§§ 299, 300 StGB). Obwohl § 12 UWG eine vergleichbare Strafvorschrift enthielt, war sie nach § 22 UWGa.F. als absolutes Antragsdelikt ausgestaltet und hatte im UWG eher einen Schattenstatus. Seit der Aufnahme dieses Tatbestands ins Kernstrafrecht nutzen Ermittlungsbehörden insbesondere den § 299 StGB, also Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr, immer häufiger. Mit einem weiteren Gesetz zur Bekämpfung der Korruption, das am 26.11.2015 in Kraft trat, erweiterte der Gesetzgeber den § 299 StGB und führte das sog. Geschäftsherrenmodell ein. Nun ist auch strafbar, wer einen Vorteil als Gegenleistung dafür annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletzt.

Das Ziel der durchaus unbestimmten Neuregelung laut Gesetzgeber ist ein erweiterter „Schutz der Interessen des Geschäftsherrn an der loyalen und unbeeinflussten Erfüllung der Pflichten durch seine Angestellten und Beauftragten“.

Es besteht die Befürchtung, dass hier mittelfristig auch die Verletzung selbstgesetzter Compliance-Vorgaben des Unternehmens als strafbarkeitsbegründend angesehen wird.

Daraufhin schuf der Gesetzgeber weitere Spezialtatbestände im Bereich der Korruption oder reformierte diese. Im Jahr 2014 passte der Gesetzgeber nach über 11 Jahren internationalem Druck den Tatbestand der Abgeordnetenbestechung (§ 108e StGB) an die Anforderungen der UN-Konvention an. Die Neuregelung des § 108e StGB unter dem Titel „Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern“ erfasst jetzt nicht nur Bundestags- und Landtagsabgeordnete, sondern auch kommunale Mandatsträger.

Im Jahr 2016 verabschiedete der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen vom 14.4.2016 zwei neue Korruptionsvorschriften für die Akteure im Gesundheitswesen. Die neuen Straftatbestände §299a StGB (Bestechlichkeit im Gesundheitswesen) und § 299b StGB (Bestechung im Gesundheitswesen) folgen der Struktur des § 299 StGB (Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr).

International verstärkt und internationalisiert sich seit Jahren die Korruptionsbekämpfung, stark beeinflusst durch die US-amerikanische Regierung. In den USA hat die Korruptionsbekämpfung im Rahmen der Auslandsaktivitäten US-amerikanischer Unternehmen eine lange Tradition. Das Auslandsbestechungsgesetz (FCPA) verbietet seit den späten 70er Jahren Zahlungen und Geschenke an ausländische staatliche Amtsträger, die den Zweck haben, einen Geschäftsabschluss zu befördern oder eine Geschäftsbeziehung aufrechtzuerhalten. Auf Basis des OECD-Übereinkommens über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsbereich vom 17.12.1997 setzte der deutsche Gesetzgeber die internationalen Vorgaben zur Erweiterung der Anwendbarkeit der Korruptionsvorschriften auf den internationalen Bereich um und verabschiedete das Gesetz zur Bekämpfung internationaler Bestechung (IntBestG). Das IntBestG setzt zahlreiche ausländische Amtsträger (und Richter) unter bestimmten Voraussetzungen den inländischen Amtsträgern gleich. Zudem erklärt das deutsche Strafrecht unabhängig vom Recht des Tatortes die Bestechung ausländischer Amtsträger und Abgeordneter im internationalen Geschäftsverkehr für anwendbar (§ 5 StGB). In Umsetzung des EU-Bestechungsübereinkommens schuf der Gesetzgeber das EU-Bestechungsgesetz (EUBestG) und weitete die Anwendbarkeit des Amtsträgerbegriffes auf die Amtsträger von EU-Mitgliedstaaten sowie auf bestimmte Gemeinschaftsbeamte und die Mitglieder der Kommission und des Rechnungshofes der europäischen Gemeinschaften aus. Seit November 2015 sind die Vorschriften des IntBestG und des EuBestG größtenteils im StGB (§§11 Abs. 1 Nr. 2a, 331 ff., 335a StGB) integriert. Die Auslandskorruption ist somit ein fester Bestandteil des Kernstrafrechts.

Der Wille, Korruption ernsthaft zu verfolgen, obwohl diese bis dato von deutschen Unternehmen - zumindest im Ausland - als wichtiges Akquisitionsinstrument angesehen wurde, spiegelt sich in der Abschaffung der steuerlichen Absetzbarkeit von im Ausland gezahlten Bestechungsgeldern durch den Gesetzgeber wider und in der Umsetzung verschiedener faktischer Maßnahmen zur Verbesserung der Korruptionsbekämpfung. Es wurden „Schwerpunktstaatsanwaltschaften zur Korruptionsbekämpfung“ eingesetzt, die ihr Handwerk verstehen, und Hinweisgebersysteme bei den Landeskriminalämtern sowie in einigen Ländern Korruptionsregister eingeführt. Auf Bundesebene hat die Einführung eines bundesweiten Korruptionsregisters zur Vorbereitung von Vergabeentscheidungen trotz jahrelanger Diskussion nicht stattgefunden. In einigen Bundesländern existieren jedoch solche „Korruptionsregister“ oder „Vergaberegister“, manchmal auf Erlassbasis, manchmal auf gesetzlicher Basis, wie zum Beispiel in NRW bei der Informationsstelle für Vergabeausschlüsse NRW, die beim Finanzministerium NRW geführt wird.

Dieses umfassende strafrechtliche Normengeflecht existiert bereits seit längerer Zeit. Der Gesetzgeber stellt den Ermittlungsbehörden ein Ermittlungsinstrumentarium zur Verfügung, das ihnen nicht nur ermöglicht, die Einhaltung dieser Vorschriften effektiv zu kontrollieren, sondern auch den Unternehmen so viel Druck auszuüben, dass das Unternehmen selbst ein starkes Interesse an der Verhinderung solcher Straftaten und somit an Compliance hat. In der Praxis überwinden die Ermittler Beweisschwierigkeiten oft durch eine systematische Auswertung des gesamten Datenbestandes des Unternehmens, insbesondere der E-Mails, und durch Telekommunikationsüberwachung. Durch zahlreiche gesetzliche Änderungen hat sich die ursprünglich nur für Schwerkriminalität vorgesehene Telekommunikationsüberwachung auch auf Bereiche der Wirtschaftskriminalität ausgedehnt, insbesondere auf die Delikte der Bestechlichkeit und Bestechung, der schweren Angestelltenbestechlichkeit und -bestechung sowie auf das Delikt der Bestechung von Mandatsträgern.

Vor einigen Jahren konzentrierte sich die Strafverfolgung fast ausschließlich auf die Überführung der verantwortlichen Straftäter. Dieses Bild hat sich jedoch fast um 180° gewandelt. Staatsanwaltschaften begnügen sich nicht mehr nur mit dem verantwortlichen Mitarbeiter des Unternehmens. Sie versuchen von Anfang an, eine Verantwortlichkeit der Unternehmensleitung nachzuweisen, um dort - mit dem Ziel der Generalprävention - Schmerzen zu bereiten. Die Staatsanwälte der Schwerpunktstaatsanwaltschaften betrachten sich als „Großwildjäger“, die weniger am einzelnen Vertriebsmitarbeiter als am Geschäftsführer oder Vorstand selbst interessiert sind. Die staatsanwaltschaftliche Erfahrung zeigt, dass die Verantwortlichkeiten oft in der Unternehmensleitung liegen. Daher wird gezielt auf die Feststellung entweder positiver Kenntnis der Unternehmensleitung oder eines sogenannten „Organisationsverschuldens“ hingearbeitet.

Die Feststellung individueller strafrechtlicher Verantwortlichkeit bei der Unternehmensleitung genügt den Schwerpunktstaatsanwaltschaften oft nicht. Ziel der Ermittlungsbehörden - das wird teilweise offen zugegeben - ist es, das Unternehmen im finanziellen Bereich zu treffen. Als Unternehmensvertreter hat man oft den Eindruck, dass auch fiskalische Aspekte eine Rolle bei dieser Vorgehensweise spielen. Manchmal tritt die Ahndung individuellen Verschuldens neben dem Ziel zurück, Erträge, oft in Millionenhöhe, durch Einziehung oder Unternehmensgeldbußen zu generieren. Da solche (Millionen-)Erträge dem jeweiligen Landeshaushalt zugutekommen, entsteht der Eindruck, dass Staatsanwaltschaften mit teils gewagten Begründungen eine solche Zuständigkeit begründen, obwohl sie in der Vergangenheit solche Zuständigkeiten abgelehnt hätten.

Diese fiskalischen Perspektiven bieten sich den Staatsanwaltschaften durch die Instrumente der Einziehung von Taterträgen gemäß § 73 StGB sowie der Unternehmensgeldbuße gemäß § 30 OWiG, die auch im Strafverfahren – neben der persönlichen Schuldfeststellung - zur Anwendung kommt. Gemäß § 30 Abs. 2 OWiG kann gegen das Unternehmen bereits eine Geldbuße von bis zu 10 Mio. EUR verhängt werden. Bei Vorliegen eines abschöpfungsfähigen Erlöses, der aus der Straftat generiert wurde, erhöht sich diese gemäß § 17 Abs. 4 OWiG schnell auf einen mehrstelligen Millionenbetrag. Zum Beispiel setzte die Staatsanwaltschaft München I in der Causa Siemens mit Bußgeldbescheid vom 15.12.2008 den Abschöpfungsanteil alleine auf einen Betrag von 394.750.000,00 EUR fest und erhöhte um einen Ahndungsanteil von 250.000,00 EUR, also insgesamt eine Geldbuße in Höhe von 395 Mio. EUR. Zuvor hatte das LG München I gegen die Siemens AG eine Geldbuße in Höhe von 201 Mio. EUR verhängt. In der sogenannten „Diesel-Affäre“ erließ die Staatsanwaltschaft Braunschweig gegen die Volkswagen AG am 13.6.2018 einen Bußgeldbescheid über eine Verbandsgeldbuße in Höhe von 1 Mrd. EUR. Das gegen die Volkswagen AG festgesetzte Bußgeld bestand aus einem sanktionierenden Teil in Höhe von 5 Mio. und einem vermögensabschöpfenden Teil in Höhe von 995 Mio. EUR. Weitere Verbandsgeldbußen im dreistelligen Millionenbereich wurden etwa gegen die Audi AG, die Porsche AG und die Daimler AG verhängt.

Die Kartellgeldbußen des Bundeskartellamtes erreichen durch das Institut der sogenannten Mehrerlösgeldbuße gemäß § 81 Abs. 4,5 GWB in Verbindung mit § 17 Abs. 4 OWiG oft dreistellige Millionenbeträge. Das Bundeskartellamt hat zum Beispiel im Jahr 2014 gegen ein Mitglied des sogenannten Zuckerkartells eine Einzelgeldbuße in Höhe von 195,5 Mio. EUR verhängt. Die bis dato höchste Einzelkartellgeldbuße des Bundeskartellamtes von 251,5 Mio. EUR wurde im sogenannten Grauzementkartell festgesetzt und später vom OLG Düsseldorf sowie dem Bundesgerichtshof auf 169,9 Mio. EUR bzw. 161,4 Mio. EUR reduziert.

Bei der Sanktionierung von Unternehmen ist der Gesetzgeber jedoch entschlossen, noch einen Schritt weiterzugehen. Unter dem 16.6.2020 hat die Bundesregierung en Entwurf eines „Gesetzes zur Sanktionierung von verbandsbezogenen Straftaten“, das sog.

Verbandssanktionengesetz (VerSanG), veröffentlicht und diesen dem Bundesrat unter dem 7.8.2020 zur Stellungnahme vorgelegt.

Durch dieses Gesetzesvorhaben verfolgt man den Weg zu einem „Unternehmensstrafrecht“. Unternehmen (und andere „Verbände“) sollen in der Zukunft einer eigenständigen Sanktionierung unterzogen werden. Da Unternehmen nicht schuldhaft handeln können, verwendet man die Begriffe Unternehmens- bzw. Verbandssanktionen anstelle von „Strafen“. Die Wirkung bleibt jedoch dieselbe. Der Begriff des „Verbandes“ bestimmt, welche Gruppen sanktioniert werden können und entspricht inhaltlich der Regelung des § 30 OWiG. Es wird dabei klargestellt, dass auch juristische Personen des öffentlichen Rechts grundsätzlich sanktionsfähige Verbände sind. Auf diesem Weg sollen sogenannte „Verbandstaten“ geahndet werden. Das sind Straftaten, durch die Pflichten, die den Verband betreffen, verletzt wurden oder durch die der Verband bereichert wurde oder werden sollte.

Das Gesetz legt als mögliche Sanktionen die „Verbandsgeldsanktion“ und die „Verwarnung mit Verbandsgeldsanktionsvorbehalt“ fest. Laut des Entwurfes beträgt die Verbandsgeldsanktion bei einer vorsätzlichen Verbandstat bis zu 10 Mio. EUR und bei einer fahrlässigen Verbandstat bis zu 5 Mio. EUR. Für einen Verband mit einem durchschnittlichen Jahresumsatz von mehr als 100 Mio. EUR beträgt die Verbandsgeldsanktion sogar bis zu 10% des durchschnittlichen Jahresumsatzes des betroffenen Unternehmens. Wenn es viele Geschädigte gibt, ordnet das Gericht zusätzlich zur Verbandssanktion die öffentliche Bekanntmachung der Verurteilung des Verbandes an, um die Geschädigten zu informieren. Dieses Vorgehen nennt man „naming and shaming“.

Der Gesetzgeber verfolgt mit dem Verbandssanktionengesetz auch das Ziel, die unternehmensinterne Compliance zu fördern und zu institutionalisieren. Bei der Bemessung der Sanktion werden das „Bemühen des Verbandes, die Verbandstat aufzudecken“ und „nach der Verbandstat getroffene Vorkehrungen zur Vermeidung und Aufdeckung von Verbandstaten“ sanktionsmildernd berücksichtigt. Dem Verband kann die „Weisung“ erteilt werden, „bestimmte Vorkehrungen zur Vermeidung von Verbandstaten zu treffen“, also geeignete Compliance-Strukturen zu schaffen. Der Verband profitiert von der Milderung bei der Aufklärung der Verbandstat durch Internal Investigations, den sogenannten „verbandsinternen Untersuchungen“, nur wenn die Untersuchungen „in Übereinstimmung mit den geltenden Gesetzen“ durchgeführt wurden. Der Gesetzgeber hat einen Rechtsrahmen für die verbandsinternen Untersuchungen vorgegeben, der im Detail sehr umstritten ist. Der Verband muss nicht nur „wesentlich“ dazu beigetragen haben, dass die Verbandstat aufgeklärt wurde, sondern auch „ununterbrochen und uneingeschränkt mit den Verfolgungsbehörden zusammenarbeiten“ und das Ergebnis der verbandsinternen Untersuchung einschließlich aller für die verbandsinterne Untersuchung wesentlichen Dokumente sowie den Abschlussbericht zur Verfügung stellen. Aufgrund einer Änderung der StPO fällt der Beschlagnahmeschutz der im Rahmen der verbandsinternen Untersuchungen angefallenen Dokumente und work products weg.

Neben dem aufgezeigten straf- und ordnungsrechtlichen Instrumentarium beherrschen die Schwerpunktstaatsanwaltschaften die Klaviatur der Generierung medialer (Presse-)Öffentlichkeit. Insbesondere etikettierende Durchsuchungs- und Beschlagnahmeaktionen sorgen bei den betroffenen Unternehmen für mediale Aufmerksamkeit und Berichterstattung, die den Verdacht im Bewusstsein der Öffentlichkeit als Tatsache festigt. In der auflageorientierten Presselandschaft wird der möglicherweise auf dünner Tatsachenbasis basierende Anfangsverdacht zum Skandal, was weiteren Druck auf das Unternehmen erzeugt, den Schaden durch eine „Kooperation“ mit der Staatsanwaltschaft und möglicherweise durch eine interne Aufklärung zu reduzieren. Wenn das Unternehmen versucht, sich gegen einen bestehenden Anfangsverdacht zu wehren, kann die Staatsanwaltschaft offiziell oder inoffiziell die nächste Eskalationsstufe durch Herstellung weiterer Presseöffentlichkeit einleiten. Oft wird der einmal angenommene Anfangsverdacht einer Straftat durch die Instrumentarien und die publizistischen Begleitumstände zu einer Art „self-fulfilling prophecy“, also zu einer Abwärtsspirale, der das Unternehmen kaum noch entkommen kann.

Selbst wenn es im Einzelfall nicht zu einer Einziehung oder der Verhängung einer existenzbedrohenden Verbandsgeldbuße kommt, sind die strafrechtlichen Nebenfolgen, wie das sogenannte blacklisting, relevant. Eintragungen in bestehende Vergabe- oder Korruptionsregister führen zu schmerzhaften Vergabeausschlüssen. Eintragungen in das Gewerbezentralregister bewirken den Entfall der Zuverlässigkeit des Unternehmens und damit den Verlust zahlreicher Vergünstigungen im amtlichen Verkehr.

Der Einsatz der rechtlichen und faktischen Instrumentarien, die der Strafjustiz gegen das betroffene Unternehmen zur Verfügung stehen, sowie die erheblichen Konsequenzen, die sowohl das Unternehmen als auch seine Verantwortlichen treffen, machen ein Strafverfahren - zumindest bei erheblichen Vorwürfen - zu einem pekuniären und publizistischen GAU für ein Unternehmen. Hier zeigt sich, dass der Einsatz strafrechtlich-relevanter Methoden im Interesse der Gewinnmaximierung keine Option ist. Gewinnstreben und ethisches Verhalten stehen damit im Einklang. Die Erkenntnis, dass strafrechtliche Risiken für das Unternehmen ein existenzgefährdendes Ausmaß erreichen können, resultiert weniger aus der Unternehmensethik oder der Corporate Social Responsibility, sondern aus einem deutlichen Kurswechsel des Gesetzgebers im Strafrecht hin zu einem Unternehmenssanktionenrecht. Die Vermeidung strafrechtlich relevanter Verhaltensweisen im Unternehmensinteresse ist das erklärte Ziel des Unternehmers. Ein strafrechtlich basiertes Compliance Management dient zur Umsetzung dieses Ziels.

Strafrechtliche Compliance-Risiken für das Unternehmen im Überblick

  • Strafbarkeit der Unternehmensverantwortlichen und deren Inhabilität;

  • Anordnung der Verfahrensbeteiligung gern. §§424,444 StPO;

  • Einziehung von Taterträgen gern. §§ 73 StGB, 29a OWiG;

  • Verbandsgeldbuße gern. §§ 30 OWiG, 81 Abs. 4 Satz 2 GWB;

  • Mehrerlösabschöpfung gern. §§30 Abs. 3, 17 Abs. 4 OWiG; 81 Abs. 4 GWB;

  • Verbandsgeldsanktion gern. § 8 Nr. 1 VerSanG;

  • Eintragung in Wettbewerbs-bzw. Korruptionsregister (Vergabesperren);

  • Eintragung in das Gewerbezentralregister (Entfall der Zuverlässigkeit);

  • Eintragung in das Verbandssanktionenregister;

  • Sonstiges „blacklisting“ (BaFin, Weltbank etc.);

  • Faktische Beeinträchtigungen der Unternehmensabläufe (Durchsuchung, Beschlagnahme etc.);

  • Mediale Berichterstattung/Ad-hoc-Publizität (Reduktion des Börsenwertes).