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Regelmäßige Gefährdungsbeurteilungen

Facility Management: Betreiberverantwortung » QMS » Arbeitsschutzmanagementsystem (AMS) » Gefährdungsbeurteilung

GEFÄHRDUNGSBEURTEILUNGEN MÜSSEN REGELMÄSSIG DURCHGEFÜHRT WERDEN, UM VERÄNDERUNGEN IN DEN ARBEITSBEDINGUNGEN ODER -PROZESSEN ZU BERÜCKSICHTIGEN

GEFÄHRDUNGSBEURTEILUNGEN MÜSSEN REGELMÄSSIG DURCHGEFÜHRT WERDEN, UM VERÄNDERUNGEN IN DEN ARBEITSBEDINGUNGEN ODER -PROZESSEN ZU BERÜCKSICHTIGEN

Durch eine sorgfältige Analyse von Gefahrenquellen und -potenzialen können Unternehmen gezielte Maßnahmen ergreifen, um Risiken zu minimieren oder zu eliminieren. Die Dokumentation von Gefährdungsbeurteilungen und Maßnahmen ist notwendig, um den Nachweis der Umsetzung von Arbeitsschutzmaßnahmen und die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben zu erbringen.

Erleichterung und Grenzen der Gefährdungsbeurteilung im Arbeitsschutz

Ansatz: Recherche in möglichst umfangreichen Datenbanken

Informationsbeschaffung für fundierte Ergebnisse

Effektive Informationsbeschaffung für fundierte Ergebnisse

Die Gefährdungsbeurteilung wird durch Recherche in möglichst umfassenden Datenbanken nach Unternehmenssachverhalten, die gesetzlich oder untergesetzlich geregelt sind, erleichtert.

Der Gesetzgeber legt Pflichten fest, die zur Abwehr eines speziellen Risikos dienen. Bei allen gesetzlich geregelten Sachverhalten muss deshalb davon ausgegangen werden, dass es sich um ein Risiko oder eine Gefährdung im Sinne des Arbeitsschutzes handelt.

Findet sich zu einem Sachverhalt weder eine gesetzliche, noch eine gerichtliche Entscheidung, wird eine Gefährdungsbeurteilung notwendig. Grenzen setzen die ständige Rechtsprechung zum “Restrisiko“ und die Funktion von Prognosen, zu denen auch die Risiken als Schadensprognosen gehören.

Vor allem bestimmen die Entscheidungen, die Prognosen zu Schadensverläufen und zur Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen festlegen, die Maßstäbe zur Gefährdungsbeurteilung. Bei gesetzlich nicht geregelten Risikosachverhalten in Unternehmen sind Verkehrssicherungspflichten zur präventiven Abwendung zu formulieren.

Erleichterungen resultieren zudem aus der Aufgabe der Eintrittswahrscheinlichkeit als Voraussetzung für die Annahme einer “Gefährdung“.

Die vollständige Ermittlung aller Tätigkeiten im Unternehmen

Gemäß § 5 ArbSchG muss der Arbeitgeber „durch eine Beurteilung der für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdung ermitteln, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes notwendig sind.“

Gemäß § 5 Abs. 2 ArbSchG muss der Arbeitgeber die Beurteilung entsprechend der Art der Tätigkeiten durchführen.

Der Gesetzgeber listet in § 5 Abs. 3 ArbSchG beispielhaft Tätigkeiten auf, aus denen sich Gefährdungen ergeben können. Dazu gehören die Gestaltung und Einrichtung der Arbeitsstätte und des Arbeitsplatzes (§ 5 Abs. 3 Satz 1 ArbSchG), physikalische, chemische und biologische Einwirkungen (§ 5 Abs. 3 Satz 2 ArbSchG), Auswahl und Einsatz von Arbeitsmitteln, Arbeitsstoffen, Maschinen, Geräten und Anlagen sowie der Umgang damit (§ 5 Abs. 3 Satz 3 ArbSchG), die Gestaltung von Arbeits- und Fertigungsverfahren, Arbeitsabläufen und Arbeitszeit und deren Zusammenwirken (§ 5 Abs. 3 Satz 4 ArbSchG), unzureichende Qualifikation und Unterweisung der Beschäftigten (§ 5 Abs. 3 Satz 5 ArbSchG) und psychische Belastungen bei der Arbeit (§ 5 Abs. 3 Satz 6 ArbSchG).

Für die Gefährdungsbeurteilung müssen Unternehmen die Tätigkeiten so vollständig wie möglich ermitteln, die mit der Arbeit verbunden sind, um ihr Gefährdungspotenzial beurteilen zu können. Es ist nicht offensichtlich, ob ein im Unternehmen verwendeter Stoff oder ein Arbeitsmittel eine Gefährdung darstellt, und dies ist auch durch intensive Beobachtung nicht feststellbar.

Gemäß dem Vermeidungsauftrag nach § 4 Nr. 1 ArbSchG muss eine Gefährdung für Leben und Gesundheit vermieden werden und die verbleibende Gefährdung so gering wie möglich gehalten werden. Der Gesetzgeber definiert in der Gesetzesbegründung eine Gefährdung als die Möglichkeit eines Schadens oder einer gesundheitlichen Beeinträchtigung, ohne spezifische Anforderungen an deren Ausmaß oder Eintrittswahrscheinlichkeit zu stellen.

Vermeidung des Verfügbarkeitsfehlers

Beim Schätzen unterscheidet man die Möglichkeit eines Schadens vom eingetretenen Schaden. Eingetretene Schäden sind Fakten, während mögliche Schäden, also Risiken, Fiktionen darstellen. Schäden erkennt man, Risiken und Gefährdungen als mögliche Schäden muss man sich vorstellen. Man kann jedoch nur an das denken, was man bereits weiß. Risikomanager sollten sich daher nicht nur auf ihr aktuelles Wissen verlassen, da sie ein Risiko und eine Gefährdung sonst leicht unterschätzen könnten. Unterschätzte Risiken sind problematisch, weil dann auch die rechtlichen Pflichten zu ihrer Abwehr übersehen werden könnten. Ein häufiger Fehler beim Schätzen eines Risikos ist der Verfügbarkeitsfehler (Availability-Bias).

Dieser Fehler tritt auf, wenn man die Häufigkeit eines Schadenseintritts und damit das Risiko verneint, weil man keine Beispiele für einen Gesundheitsschaden oder einen Arbeitsunfall kennt oder nicht nach solchen Beispielen gesucht hat. Aus den Erfahrungen im eigenen Unternehmen allein kann man nicht schlussfolgern, da dies eine zu kleine Stichprobe darstellt. Diese Stichprobe repräsentiert nicht das gesamte Spektrum aller möglichen Risiken.

Kein Material, keine Anlage und kein Prozess im Unternehmen zeigt von sich aus, ob daraus ein Schaden entstehen kann. Daher müssen alle Sachverhalte als potenzielle Gefährdungen und Risikoquellen betrachtet werden.

Es ist notwendig, alle Tätigkeiten im Unternehmen in einer Bestandsaufnahme zu erfassen. Dies wird durch die digitale Recherche in allen verfügbaren Informationsquellen ermöglicht, die Erfahrungen über durch Betriebstätigkeiten verursachte Gesundheitsschäden sammeln. Zu den Informationsquellen gehören Unfallstatistiken, gesetzliche und untergesetzliche Regelungen, Urteilssammlungen zum Arbeitsschutz, digital zugängliche unternehmensinterne Informationsquellen sowie die aktuelle arbeitsmedizinische Literatur.

Der Arbeitgeber muss bei der Ermittlung von Pflichten grundsätzlich alle verfügbaren Informationsquellen sowohl tatsächlicher als auch rechtlicher Art nutzen. Fragen zur Gefährdungsbeurteilung können auch durch die Rechtsprechung zur allgemeinen Risikoanalyse beantwortet werden.

Die Pflicht des Arbeitgebers zur Gefährdungsbeurteilung gemäß § 5 ArbSchG ähnelt der Risikofrüherkennungspflicht des Vorstands gemäß § 91 Abs. 2 AktG und der Pflicht des Vorstands des deutschen Corporate Governance Kodex zum angemessenen Risikomanagement und Risikocontrolling im Unternehmen.

Sachverhaltsermittlung nach Regelungsbereichen

Bei der Ermittlung der unternehmensinternen Sachverhalte empfiehlt es sich, die Sachverhalte nach den Regelungsbereichen der Arbeitsschutzverordnungen im Unternehmen abzufragen. Nach der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) werden alle Sachverhalte zu Arbeitsstätten, deren Größe, Verkehrswege, Fenster und Türen, Luftraum und Temperaturen geregelt.

Nach der Betriebssicherheitsverordnung(BetrSichV) wird der Umgang mit Arbeitsmitteln aller Art geregelt, wozu die verwendeten Werkzeuge, Hebevorrichtungen, Aufzüge, Druckanlagen usw. zählen.

Nach der Bildschirmarbeitsverordnung(BildscharbV) werden alle Sachverhalte um die Bildschirmarbeitsplätze geregelt und erfasst.

Nach der Biostoffverordnung(BiostoffV) sind alle Sachverhalte im Unternehmen zu erfassen, die Krankheitserreger in der beruflichen Tätigkeit umfassen, wozu der Gesundheitsdienst, die Abfall- und Abwasseranlagen u.a. gehören.

Die Gefahrstoffverordnung(GefStoffV) dient dem Schutz vor gefährlichen Chemikalien und regelt den Umgang mit den verwendeten Stoffen, Lösemitteln, Gasen, Stäuben, Desinfektionsmitteln.

Nach der Lasthandhab-Verordnung(LasthandhabV) werden sämtliche Gefahren aus der manuellen Handhabung von Lasten geregelt.

Nach der Lärm- und Vibrationsarbeitsschutzverordnungsollen die Mitarbeiter vor gefährlichen Lärm- und Vibrationseinwirkungen geschützt werden, wozu sämtliche Sachverhalte zu erfassen sind, die Lärm und Vibrationen verursachen.

Nach der Arbeitsschutzverordnung zu künstlicher optischer Strahlung (OStrV) werden Mitarbeiter vor künstlichen optischen Strahlungen, wie z.B. vor Lasern, starken Leuchtquellen geschützt. Auch unter diesem Schutzzweck lassen sich Sachverhalte im Unternehmen abfragen und erfassen.

Nach der PSA-Nutzungsverordnung werden Mitarbeiter vor Gefahren bei der Bereitstellung persönlicher Schutzausrüstung (PSA) geschützt.

Durch die Verordnung zum Schutz der Beschäftigten vor Gefährdungen durch elektromagnetische Felder (EMFV) werden Mitarbeiter vor Gefahren durch elektromagnetische Felder geschützt.

Sämtliche dazu verfügbaren Sachverhalte im Unternehmen sind abzufragen. Die Regelungsbereiche sind nicht abschließend. Vielmehr sind alle Sachverhalte zu erfassen, um prüfen zu können, ob sie eine Gefahr für die Sicherheit und Gesundheit der Mitarbeiter auslösen können.

Die Pflichten von Arbeitgeber, Beschäftigten und Betriebsrat beim Erfassen von Sachverhalten zur Gefährdungsbeurteilung

Gemäß § 5 Abs. 1 ArbSchG müssen Arbeitgeber Gefährdungen im Unternehmen ermitteln, die für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbunden sind. Arbeitgeber haben in der Regel Führungsaufgaben und kennen die Gefahrenquellen im Unternehmen für die Sicherheit und Gesundheit der Mitarbeiter oft nicht aus nächster Nähe. Daher müssen sie sich alle Informationen zu möglichen Schäden beschaffen. Die allgemeine Informationsbeschaffungspflicht leitet sich aus § 91 Abs. 2 AktG ab. Daher müssen Arbeitgeber sämtliche Informationsquellen tatsächlicher und rechtlicher Art nutzen.

Die Informationsbeschaffungspflicht kann der Arbeitgeber ohne die Unterstützung der Mitarbeiter, die Gefahren für ihre Sicherheit und Gesundheit direkt an der Arbeitsfront erkennen, nicht erfüllen. Daher sind die Beschäftigten gemäß § 16 Abs. 1 ArbSchG verpflichtet, dem Arbeitgeber oder dem zuständigen Vorgesetzten jede festgestellte erhebliche Gefahr sowie jeden Defekt an den Schutzsystemen unverzüglich zu melden.

Gemäß § 16 Abs. 2 ArbSchG sollen die Beschäftigten den Arbeitgeber unterstützen, die Sicherheit und den Gesundheitsschutz bei der Arbeit zu gewährleisten. Sie sollen festgestellte Gefahren auch der Fachkraft für Arbeitssicherheit und dem Betriebsrat oder dem Sicherheitsbeauftragten mitteilen.

Gemäß § 17 ArbSchG können die Beschäftigten dem Arbeitgeber Vorschläge zu allen Fragen der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes machen. Wenn die Schutzmaßnahmen des Arbeitgebers nicht ausreichen, können sie sich gemäß § 17 Abs. 2 ArbSchG an die zuständigen Behörden wenden.

Der Betriebsrat hat gemäß § 89 BetrVG die Aufgabe, sicherzustellen, dass die Vorschriften über den Arbeitsschutz und die Unfallverhütung im Betrieb umgesetzt werden. Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat bei allen Fragen im Zusammenhang mit dem Arbeitsschutz oder der Unfallverhütung einbeziehen.

Alle Beteiligten sollten bei der Ermittlung aller Tätigkeiten im Unternehmen mitwirken, um sämtliche Gefährdungsquellen vollständig zu erfassen. Nicht erfasste Tätigkeiten können nicht beurteilt werden. Alle Mitarbeiter sollten daher motiviert sein, Risikoquellen zu ermitteln und Gesundheitsschäden durch Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten zu verhindern.

Effizientes Recherchieren nach arbeitsschutzrechtlich relevanten Sachverhalten

In Unternehmen gibt es viele Tätigkeiten, die Gefährdungen darstellen können. Besonders relevant sind die Tätigkeiten, die im eigenen Unternehmen des Arbeitgebers vorkommen. Eine effiziente Recherche sollte mit minimalem Aufwand und maximaler Rechtssicherheit durchgeführt werden. Die erstmalige Gefährdungsbeurteilung einer Tätigkeit erfordert einen hohen Aufwand, da alle Erfahrungen zu möglichen Schadensverläufen ermittelt werden müssen. Dabei sind alle verfügbaren Informationsquellen zu nutzen.

Gefährdungsbeurteilungen sind nicht notwendig, wenn sie bereits durchgeführt wurden. Eine Gefährdungsbeurteilung ist auch nicht mehr erforderlich für Tätigkeiten, die bereits zu einem Arbeitsunfall oder Schaden an Mitarbeitern geführt haben.

Drei Informationsquellen liefern Informationen zu Tätigkeiten und Sachverhalten in Betrieben, bei denen eine Gefährdungsbeurteilung nicht notwendig ist: Arbeitsunfallstatistiken, gesetzliche und untergesetzliche Regelungen sowie Regelungen der Unfallversicherungsträger.

Festgestellte Gefährdungen durch Arbeitsunfallstatistiken

Das Gefahrenpotential einer Tätigkeit im Betrieb ist klar, wenn durch diese Tätigkeit bereits ein Arbeitsunfall oder ein Gesundheitsschaden aufgetreten ist. Bei Sachverhalten, die bereits einen Arbeitsunfall oder einen Gesundheitsschaden bei Mitarbeitern verursacht haben, ist eine weitere Gefährdungsbeurteilung nicht notwendig. Wenn eine bestimmte Tätigkeit in einem Betrieb bereits einen Gesundheitsschaden oder einen Arbeitsunfall verursacht hat, ist klar, dass sie ein Risiko darstellt und durch Schutzmaßnahmen präventiv abgewendet werden muss. Der Erfahrungssatz über die Gefährdung wird durch den festgestellten Gesundheitsschaden bestätigt.

Die Arbeitsunfallstatistiken zeigen alle Sachverhalte aus Unternehmen, die bereits einen Gesundheitsschaden verursacht haben. Die in der Statistik angegebene Häufigkeit gibt Hinweise auf die Wahrscheinlichkeit eines Gesundheitsschadens, wenn keine Schutzmaßnahme den Schadensverlauf verhindert. Aus der Statistik des „Unfallversicherung – Spitzenverband“ können Sachverhalte der letzten zehn Jahre entnommen werden, die bereits einen Gesundheitsschaden verursacht haben.

Die Unfallstatistik bietet wertvolle Erfahrungen, die eine aufwendige Gefährdungsbeurteilung ersetzen können. Wenn in den Arbeitsunfallstatistiken Sachverhalte aus dem Unternehmen des verpflichteten Arbeitgebers gefunden werden, kann anhand dieser Sachverhalte überprüft werden, welche im Unternehmen existieren und somit eine arbeitsschutzrechtlich relevante Gefahrenquelle darstellen.

Die Recherche in der Arbeitsunfallstatistik vereinfacht die Gefährdungsbeurteilung. Alle in der Statistik erfassten Sachverhalte sind Gefährdungen im Sinne des Arbeitsschutzes. Eine eigene Gefährdungsbeurteilung ist nicht notwendig, wenn der zu beurteilende Unternehmenssachverhalt in der Statistik gefunden werden kann. Die in Sammlungen gelisteten Sachverhalte zu betrieblichen Gesundheitsschäden können als Checkliste verwendet werden. Der Arbeitgeber erfüllt damit seine Pflicht, alle verfügbaren Informationsquellen tatsächlicher und rechtlicher Art zu nutzen. Wenn im Unternehmen Sammlungen zu Gesundheitsschäden vorhanden sind, müssen auch diese Informationsquellen genutzt werden.

Es bleibt zu prüfen, welche Schutzmaßnahmen zur Abwendung der Gefährdungen erforderlich sind.

Gefährdungsbeurteilung durch Rückschlüsse aus gesetzlichen und untergesetzlichen Regelungen mit Vermutungswirkung für legales Verhalten

Das Gefahrenpotential einer Tätigkeit im Betrieb ist klar definiert, wenn durch diese Tätigkeit bereits ein Arbeitsunfall oder ein Gesundheitsschaden aufgetreten ist. Bei Sachverhalten, die bereits einen Arbeitsunfall oder einen Gesundheitsschaden bei Mitarbeitern verursacht haben, ist eine weitere Gefährdungsbeurteilung nicht notwendig. Wenn eine bestimmte Tätigkeit in einem Betrieb bereits einen Gesundheitsschaden oder einen Arbeitsunfall verursacht hat, ist klar, dass sie ein Risiko darstellt und durch Schutzmaßnahmen präventiv abgewendet werden muss.

Die Regelung eines Sachverhalts in einem Gesetz, einer Verordnung oder einem untergesetzlichen Regelwerk begründet die Annahme einer Gefährdung. Der Gesetzgeber ordnet nur Schutzmaßnahmen an, wenn ein Sachverhalt aus Erfahrung Gesundheitsschäden verursacht hat. Von der gesetzlichen Regelung lässt sich auf die Gefährdung schließen. Der Gesetzgeber definiert Gefährdungen und legt öffentlich-rechtliche Pflichten fest, um diese abzuwenden. Er hat in allen Fällen einer gesetzlichen Regelung eine Gefährdungsbeurteilung vorgenommen und Schutzmaßnahmen als Rechtsfolge in Form von Pflichten definiert.

In allen Fällen, in denen Tätigkeiten gesetzlich oder untergesetzlich geregelt sind, sind weitere Gefährdungsbeurteilungen nicht notwendig, da diese vom Verfasser des Regelwerks bereits durchgeführt wurden. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, bei all seinen Entscheidungen alle verfügbaren Erkenntnisquellen zu nutzen. Der Arbeitgeber kann davon ausgehen, dass der Gesetzgeber dieser Pflicht nachgekommen ist.

Technische Regeln werden von Fachausschüssen festgelegt und haben keinen Gesetzescharakter. Sie sind jedoch wichtige Orientierungshilfen für die Praxis. Der Arbeitgeber kann davon ausgehen, dass er gesetzeskonform handelt, wenn er den Vorgaben der Technischen Regeln folgt. Bei Abweichungen muss der Arbeitgeber nachweisen, dass seine Maßnahmen ebenso geeignet sind, die Anforderungen des ArbSchG zu erfüllen.

Wenn ein Sachverhalt in einer Technischen Regel, einer Verordnung oder in einem Gesetz konkret geregelt ist, ist eine Gefährdungsbeurteilung nicht notwendig. Die Fachausschüsse haben diese bereits durchgeführt. Der Arbeitgeber muss die vorgeschriebenen Maßnahmen einhalten, auch ohne eigene Gefährdungsbeurteilung. Bei Abweichung von den vorgegebenen Regelungen muss der Arbeitgeber nachweisen, dass seine Maßnahmen ebenso geeignet sind. Der Gesetzgeber regelt den Arbeitsschutz im Arbeitsschutzgesetz und ermächtigt den Erlass Technischer Regeln.

Regelungen der Unfallversicherungsträger ohne Vermutungswirkung

Neben dem Gesetzgeber haben die Unfallversicherungsträger (UVT) das Recht, eigene Unfallverhütungsvorschriften gemäß § 15 Sozialgesetzbuch VII zu erlassen. Die Unfallversicherungsträger veröffentlichen Vorschriften, Regeln, Informationen und Grundsätze. Die ehemaligen Berufsgenossenschaften haben sich zur deutschen gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) zusammengeschlossen. Sie geben vier Schriftenreihen zu Vorschriften, Regeln, Informationen und Grundsätzen heraus. Zwanzig dieser Informationsschriften thematisieren die Gefährdungsbeurteilung und erwähnen diese bereits im Titel. Anders als die Technischen Regeln erzeugen die Schriften der Unfallversicherungsträger keine Vermutung für rechtmäßiges Handeln. Wenn jedoch die Informationen zur Gefährdungsbeurteilung befolgt werden, sind sie ein starkes Indiz dafür, dass das Unternehmen den Anforderungen des Gesetzgebers gerecht wird.

Anerkannte Regeln der Technik in LASI-Schriften und DIN-Normen

Schriften und Materialien des Länderausschusses für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik (LASI) behandeln allgemeine Fragen der Arbeitssicherheit und den Vollzug im Unternehmen. Das Gremium des Länderausschusses setzt sich aus den Ländervertretern zusammen.

Die LASI-Schriften bieten Interpretations- und Umsetzungshilfen für konkrete Situationen und ergänzen die Informationsermittlung bei den Vorbereitungen und der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung. Die LASI-Schriften erzeugen keine Vermutung für rechtmäßiges Handeln. Durch ihre Anwendung können Arbeitgeber jedoch den Nachweis der Erfüllung ihrer Sorgfaltspflichten im Arbeitsschutz erbringen. Es ist notwendig, LASI-Schriften regelmäßig zu überprüfen, ob ihr Regelungsgegenstand in Verordnungen, untergesetzlichen Regelwerken oder den Technischen Regeln behandelt wird und ob Widersprüche bestehen. In solchen Fällen sind die Regelungen der höherrangigen Rechtsquellen verbindlich.

Rechtssicherheit durch Datenbankinhalt und Recherchetechnik

Wenn der Verantwortliche für Arbeitsschutz durch die Recherche im Volltext der Sammlung aller arbeitsschutzrechtlicher Vorschriften die Regelung zu einem Sachverhalt findet, ist diese Vorgabe verbindlich und macht die aufwendige Gefährdungsbeurteilung einer Tätigkeit im Betrieb überflüssig. Diesen Vorteil genießt nur, wer über eine sichere Recherchetechnik und den Datenbankinhalt verfügt, der alle verbindlichen arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften umfasst. Für den Datenbankinhalt ist es notwendig, dass die Recherchetechnik mit minimalem Aufwand alle Fundstellen zu einem Sachverhalt anzeigt. Die Recherchetechnik ermöglicht es, Sachverhalte, wie Tätigkeiten, Stoffe, Verfahren und Anlagen, in einer Liste zu konsolidieren und in einem einzigen Suchvorgang im Volltext aller arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften nach den gelisteten Sachverhalten zu suchen. Dieser digitale Rechercheaufwand reduziert sich auf wenige Sekunden und zeigt alle Fundstellen zum gesuchten Sachverhalt an. Nur mit der digitalen Sammelrecherchetechnik ist die Suche nach einer unbegrenzten Anzahl von Sachverhalten in einer Vielzahl von Volltexten so rechtssicher, dass alle Fundstellen gefunden werden. Die Technik ermöglicht es, den Recherchevorgang zu protokollieren und als Beweis dafür zu dokumentieren, dass der Arbeitgeber seine Informationsbeschaffungspflicht erfüllt hat und alle verfügbaren Erkenntnisquellen genutzt hat. Die Datenbanktechnik erlaubt auch, die bei der Recherche geprüften Volltexte aufzulisten und den Beweis dafür zu liefern, dass der Arbeitgeber für die strafbewehrten Vorschriften alles getan hat, um einen Verbotsirrtum gemäß § 17 StGB zu vermeiden und ein mögliches Verschulden zu minimieren oder zu eliminieren. Die Recherchetechnik ist ein Bestandteil der Legal-Tech-Lösung, bei der EDV-technische Mittel zur Rechtsanwendung verwendet werden, um den Compliance-Aufwand zu reduzieren, insbesondere bei der Gefährdungsbeurteilung.

Zusätzlich zur Recherchetechnik muss eine möglichst umfangreiche digitale Sammlung aller Volltexte von Gesetzen, Verordnungen, untergesetzlichen Regelwerken, DGUVs und LASI-Schriften stets aktuell gehalten werden.

Aus den recherchierten Fundstellen zu den betrieblichen Tätigkeiten ergeben sich die Rechtspflichten als vorgegebene Schutzmaßnahmen. Wenn man den jeweiligen Sachverhalt einmalig mit den arbeitsschutzrechtlichen Pflichten verlinkt und in einer Datenbank speichert, können diese verlinkten Sachverhalte und Rechtspflichten immer wieder verwendet werden.

Die gesetzlichen und untergesetzlichen Regelungen sind bindend und müssen eingehalten werden.

Von der Gesamtmenge aller Tätigkeiten, die mit der Arbeit der Beschäftigten verbunden sind, bleiben für die Gefährdungsbeurteilung nur die Sachverhalte übrig, die nicht in gesetzlichen oder untergesetzlichen Regelungen zu finden sind. Bei allen gesetzlich und untergesetzlich geregelten Tätigkeiten gibt der Gesetzgeber, der Verordnungsgeber oder die Fachausschüsse eine verbindliche und vorgegebene Gefährdungsbeurteilung vor, die nicht durch eine eigene betriebliche Gefährdungsbeurteilung ersetzt werden kann. In den Verordnungen aufgrund der Ermächtigung nach § 18 ArbSchG legt der Normgeber Gefährdungsbeurteilungen fest, die verbindlich für Arbeitgeber, Beschäftigte und Betriebsrat sind. Es handelt sich dabei um vorgezogene Gefährdungsbeurteilungen, die mit antizipierten Sachverständigengutachten vergleichbar sind. Es wird angenommen, dass der Normgeber alle Erkenntnisquellen entsprechend der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im Bestimmungsurteil ausgeschöpft hat.

erstens die aktuellen arbeitsmedizinischen Erfahrungen festzustellen,

zweitens eine Gefährdung zu beurteilen und

drittens die Pflicht zur passenden Schutzmaßnahme

für den jeweils konkret geregelten Sachverhalt zur Abwendung der Gefährdung festzulegen.

Es ist klar, dass sich der Verordnungsgeber und die nach § 18 Abs. 2 Ziffer 5 ArbSchG zuständigen Fachausschüsse intensiv mit der Gefährdungsbeurteilung auseinandergesetzt haben. In den einzelnen Verordnungen fordert der Normgeber ausdrücklich die Anwendung der Technischen Regeln. Ein Hinweis darauf ist § 3a ArbStättV zum Einrichten und Betreiben von Arbeitsstätten, der besagt, dass der Arbeitgeber die nach § 7 Abs. 4 ArbSchG bekannt gemachten Regeln und Erkenntnisse berücksichtigen muss.

Die Vermutungswirkung für legales Verhalten ist ebenfalls ausdrücklich geregelt. Wenn der Arbeitgeber die in § 3a Abs. 1 Satz 2 ArbStättV festgelegten Regeln einhält, wird angenommen, dass er die in der Verordnung gestellten Anforderungen erfüllt. Wendet der Arbeitgeber die Regeln und Erkenntnisse nicht an, muss er laut § 3a Abs. 1 Satz 4 ArbStättV durch andere Maßnahmen sicherstellen, dass die Sicherheit und der Gesundheitsschutz der Beschäftigten gewährleistet sind. Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 BiostoffV müssen die vom Ausschuss für biologische Arbeitsstoffe ermittelten und vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Bundesarbeitsblatt bekannt gegebenen Regelerkenntnisse berücksichtigt werden. Nur wenn gleichwertige Schutzmaßnahmen vorhanden sind, können diese Regelerkenntnisse ignoriert werden. In diesem Fall müssen die alternativen Schutzmaßnahmen gemäß § 10 Abs. 1 Satz 3 BiostoffV nachgewiesen werden. Für die Bereitstellung und Benutzung der Arbeitsmittel fordert § 4 Abs. 2 Satz 1 BetrSichV die Berücksichtigung der vom Ausschuss festgelegten Regeln.

Die Gefährdungsbeurteilung für Tätigkeiten im Unternehmen ohne gesetzliche oder untergesetzliche Regelungen

Wenn zu einer Tätigkeit im Unternehmen keine Regelung zu finden ist, muss der Arbeitgeber gemäß § 5 Abs. 1 ArbSchG die Gefährdung beurteilen und die erforderlichen Schutzmaßnahmen ermitteln. Bei geregelten Gefährdungsbeurteilungen und vorgegebenen Schutzmaßnahmen in den Verordnungen und Technischen Regeln ist der Arbeitgeber gebunden. Er darf diese Regelung nicht durch eigene Gefährdungsbeurteilung und selbst formulierte Schutzmaßnahmen ersetzen. Für alle gesetzlich oder untergesetzlich geregelten Tätigkeiten, die mit der Arbeit der Mitarbeiter des Unternehmens verbunden sind, hat der Normgeber durch die vorgezogene Gefährdungsbeurteilung entschieden, ob eine Tätigkeit als Gefährdung einzuordnen ist und mit welcher Schutzmaßnahme sie abzuwenden ist.

Erst wenn es an einer solchen Entscheidung zur Gefährdungsbeurteilung und den daraus resultierenden Rechtsfolgen über Schutzmaßnahmen fehlt, stellt sich die Frage für den Normadressaten, was unter der Gefährdungsbeurteilung nach dem Auffangtatbestand des § 5 ArbSchG zu verstehen ist. Der zentrale Begriff der “Gefährdung“ wird im Gesetzestext selbst nicht definiert. Die Gesetzesbegründung liefert jedoch wichtige Hinweise. Arbeitsschutzmaßnahmen dürfen sich nicht nur auf die Bekämpfung zu erwartender Gefahren beschränken. Unter „Gefahren“ versteht man im Arbeitsschutz eine Sachlage, die bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens zu einem Schaden führt. Dabei muss für den Schadenseintritt eine hinreichende Wahrscheinlichkeit bestehen und der Schaden muss eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung darstellen.

Der Gesetzgeber grenzt den Arbeitsschutz von diesem herkömmlichen Verständnis der Gefahrenabwehr ab. Eine wirksame Prävention muss früher ansetzen. In § 4 Nr. 1 ArbSchG wird mehr verlangt, um Gesundheitsgefährdungen zu vermeiden und zu minimieren.

„Gefährdung“ bezeichnet die Möglichkeit eines Schadens oder einer gesundheitlichen Beeinträchtigung, ohne dass bestimmte Anforderungen an deren Ausmaß oder Eintrittswahrscheinlichkeit gestellt werden. Das Risiko steht als Produkt aus Eintrittswahrscheinlichkeit und Ausmaß des möglichen Schadens für eine Gefährdung. Gefahr lässt sich als nicht mehr akzeptables Risiko definieren. Der Grad an Wahrscheinlichkeit wird entsprechend dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nach der Art der betroffenen Rechtsgüter bestimmt. Im Arbeitsschutz geht es immer um die absolut geschützten Rechtsgüter Leben und Gesundheit der Arbeitnehmer. Schon ein geringeres Maß an Wahrscheinlichkeit reicht für entsprechende Schutzmaßnahmen bei der Gefahr für Sachgüter aus. Eine absolute Sicherheit bei der Arbeit im Sinne eines Ausschlusses jeglicher Gefährdung ist jedoch nicht möglich.

Eintrittswahrscheinlichkeit ist keine Voraussetzung für die Annahme einer Gefährdung im Unterschied zur Gefahr

Der Verantwortliche für Arbeitsschutz muss sich klar darüber sein: Wenn zu einer Tätigkeit im Unternehmen keine Regelung zu finden ist, hat er gemäß § 5 Abs. 1 ArbSchG die Pflicht, die Gefährdung zu beurteilen und die notwendigen Schutzmaßnahmen zu ermitteln. Bei bereits geregelten Gefährdungsbeurteilungen und vorgegebenen Schutzmaßnahmen in den Verordnungen und Technischen Regeln ist er gebunden. Er darf diese nicht durch eigene Beurteilungen oder Maßnahmen ersetzen.

Der Gesetzgeber macht deutlich, dass im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung die Eintrittswahrscheinlichkeit eines Schadens nicht geprüft werden muss. Das Ziel ist der präventive Schutz von Leben, Gesundheit und Sicherheit der Mitarbeiter, unabhängig von der Wahrscheinlichkeit eines möglichen Schadens. Trotz dieser klaren Vorgabe wird in der Praxis oft noch versucht, die Eintrittswahrscheinlichkeit zu bestimmen, was zu Recht kritisiert wird.

Die ehemalige BGI 8700 und die Folgevorschrift in DGUV Information 211 bis 032 wurden zurückgezogen. Dennoch gibt es in der Praxis immer noch Handlungshilfen, die auf diesen veralteten Vorschriften basieren. Wer sich weiterhin an diesen orientiert, verfehlt den eigentlichen Schutzzweck des Arbeitsschutzes.

Die TRBS 1111 definiert den Begriff "Gefährdung" klar und eindeutig. Viele Softwareprogramme, die versuchen, Gefährdungsbeurteilungen zu quantifizieren, werden dadurch obsolet.

Der Gesetzgeber verwendet sowohl den Begriff "Gefahr" als auch "Gefährdung". Während "Gefährdung" die Möglichkeit eines Schadens beschreibt, ohne Anforderungen an dessen Wahrscheinlichkeit oder Ausmaß zu stellen, bezieht sich "Gefahr" auf ein nicht mehr akzeptables Risiko. Die parallele Verwendung dieser Begriffe in der Gesetzgebung führt in der Praxis zu Unsicherheiten.

Es ist entscheidend, den eigentlichen Zweck des Gesetzes zu verstehen: Arbeitsschutzmaßnahmen sollen so früh wie möglich ergriffen werden, unabhängig von der geschätzten Eintrittswahrscheinlichkeit. Die Mehrdeutigkeit in der Gesetzesbegründung und die parallele Verwendung der Begriffe "Gefahr" und "Gefährdung" erfordern eine sorgfältige Auslegung und Überlegung in der betrieblichen Praxis.

Zu ihrer Abwendung kommen jeweils Prognosen vor. Bei Prognosen handelt es sich um Aussagen aus drei Teilen

erstens aus einem Schadensereignis als Gefahrenquelle und Schadensursache,

zweitens aus einem drohenden Schaden als Schadenswirkung und

drittens aus einem Erfahrungssatz mit dem Inhalt,

Zwischen dem Schadensereignis und dem drohenden Schaden besteht ein Kausalitätsverhältnis. Das bedeutet, dass der Schaden immer durch das Schadensereignis eintritt und es Erfahrungen gibt, die dies bestätigen. Diese Erfahrungen konnten bisher nicht widerlegt werden und rechtfertigen daher die Annahme, dass der Schaden auch in Zukunft eintreten wird. Prognosen über drohende Schäden und über wirksame Schutzmaßnahmen richten sich immer in die Zukunft. Sie können daher nicht bewiesen werden. Sobald Gesundheitsschäden bei Mitarbeitern auftreten, bestätigt dies zwar eine Prognose, aber für Schutzmaßnahmen ist es dann zu spät. Prognosen sind Theorien, die nicht bewiesen, sondern nur widerlegt werden können. Eine Prognose gilt, solange sie nicht widerlegt wird. Dies geschieht durch Erfahrungssätze, die zeigen, dass ein Gesundheitsschaden nicht eintreten kann oder eine Schutzmaßnahme nicht wirksam ist. Die Falsifikation ist das einzige Verfahren, mit dem über die Geltung von Prognosen entschieden werden kann, wenn ihre Geltung angezweifelt wird.

Da der Gesetzgeber den zentralen Begriff der „Gefährdung“ im Gesetz nicht definiert und kein Verfahren vorgibt, wie Gefährdungen festgestellt werden sollen, muss geprüft werden, ob aus anderen Gesetzesvorschriften oder aus der Rechtsprechung ausreichende Hinweise vorliegen. Richter könnten dann von einer „gefestigten Auslegung“ sprechen. Die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe, wie „Gefährdung“ oder „Risiko“, und die Anwendung von Generalklauseln und Härteklauseln gelten als „ein Stück offen gelassener Gesetzgebung“.

Rechtsvorschriften, die nur Ziele vorgeben, wie den Schutz der Mitarbeitergesundheit, ohne konkrete Schutzmaßnahmen vom Normengeber zu bestimmen, stellen einen neuen Normtyp dar. Sie geben den Rechtsanwendern nur schwache Vorgaben und überlassen die Auslegung der Selbsteinschätzung den Normadressaten.

Die Rechtsprechung zu Sinn und Zweck von Prognosen

Klarheit zum Verständnis von Prognosen über drohende Schäden und über Prognosen zu wirksamen Schutzmaßnahmen ergibt sich aus der einschlägigen Rechtsprechung zu Prognosen. Die Prognose- und Risikoberichterstattung ist nach § 289 Abs. 1 Satz 4 HGB im Lagebericht eine zwingend vorgeschriebene und unverzichtbare Pflicht.

Das OLG Frankfurt hat aufgrund der Weigerung eines Unternehmens, Prognosen abzugeben, entschieden, dass die Prognose nicht dazu dient, die Zukunft korrekt vorherzusagen, sondern die Selbsteinschätzung des Unternehmens beim Prognostizieren zu überprüfen. § 289 Abs. 1 Satz 4 HGB zur Prognosepflicht stellt eine gesetzlich vorgeschriebene Selbstkontrolle im Unternehmen dar. Abgegebene Prognosen über künftige Geschehensverläufe müssen daraufhin überprüft werden, ob sie zutreffen und ob sie einer korrigierten Neueinschätzung bedürfen.

Prognosen im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung dienen im Arbeitsschutz zur Selbstkontrolle nach § 3 Abs. 1 Satz 2 ArbSchG. Es gehört zu den Grundpflichten des Arbeitgebers, die Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen und sie an sich ändernde Gegebenheiten anzupassen. Dabei soll eine Verbesserung von Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten angestrebt werden.

Wenn bei einer Gefährdungsbeurteilung das Risiko eines Gesundheitsschadens und die Wirksamkeit der Schutzmaßnahme jeweils mit einem Erfahrungssatz begründet werden, wird die Entscheidung zur Annahme einer Gefährdung und der jeweiligen Schutzmaßnahme transparent und nachvollziehbar. Alle Beteiligten können nachvollziehen, von welchen Erfahrungen die Entscheidungsträger ausgegangen sind. Werden die Ziele und Annahmen mit den Erfahrungssätzen begründet und dokumentiert, wird eine Wirksamkeitskontrolle nach § 3 Abs. 1 Satz 2 ArbSchG und eine eventuelle Korrektur möglich. In einem Evaluierungsverfahren können die ursprünglichen Erfahrungssätze mit aktuellen Erfahrungen verglichen und angepasst werden.

Die Gefährdungsbeurteilung nach dem Auffangtatbestand des § 5 ArbSchG füllt die Lücke, die der Gesetzgeber offen gelassen hat. Der Gesetzgeber überlässt Tätigkeiten, die er nicht in Gesetzen, Verordnungen oder Technischen Regeln behandelt hat, der Selbsteinschätzung der Arbeitgeber und der mitwirkenden Mitarbeiter im Betrieb.

Die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG erstrecken sich auf den Bereich der Selbsteinschätzung. Arbeitgeber und Mitarbeiter treffen Entscheidungen, die der Gesetzgeber hätte treffen können. Für das Entscheidungsverfahren im Betrieb gelten die gleichen Maßstäbe wie für den Gesetzgeber. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Mitbestimmungsurteil Maßstäbe formuliert, wie Prognosen zu behandeln sind.

Die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zu Prognosen

Das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, dass zum Grundtatbestand jeder Prognose gehört, dass die Auswirkungen eines Gesetzes in der Zukunft ungewiss sind. Dies gilt ebenso für eine Entscheidung über die Annahme einer Gefährdung als Prognose zu einem Gesundheitsschaden durch Tätigkeiten im Betrieb und durch die Ungewissheit von Schutzmaßnahmen zu ihrer Abwendung.

Ungewissheiten über zukünftige Geschehensverläufe dürfen nicht dazu führen, Entscheidungen über die Annahme von Gefährdungen und den Einsatz von Schutzmaßnahmen zu unterlassen.

Die Gefährdungsbeurteilung stellt ebenfalls eine Entscheidung unter Unsicherheit dar. Wenn der Gesetzgeber keine Regelung trifft und somit keine eigene Gefährdungsbeurteilung vornimmt, bleibt es unsicher, ob durch eine Tätigkeit im Betrieb Gesundheitsschäden bei Mitarbeitern drohen. Es bleibt auch unsicher, ob die festgelegten Schutzmaßnahmen die drohenden Gesundheitsrisiken abwenden können. Bei der erstmaligen Gefährdungsbeurteilung durch den Arbeitgeber ohne geregelte Vorgaben des Gesetzgebers und ohne untergesetzliche Regelungen können Gesundheitsschäden auftreten. Es gibt viele mögliche Schadensverläufe.

Der Arbeitgeber muss aus der Vielzahl möglicher Schadensverläufe einen auswählen und diesen als Risiko behandeln. Das Gleiche gilt für die vielen denkbaren Schutzmaßnahmen, die zur Abwendung der drohenden Gesundheitsgefährdung in Betracht kommen.

Bei Entscheidungen unter Unsicherheit kann es zu Meinungsverschiedenheiten über die verschiedenen möglichen Schadensverläufe in der Zukunft kommen. Betriebsrat und Mitarbeiter könnten eher dazu tendieren, drohende Gesundheitsschäden anzunehmen als die Arbeitgeber. Bei Entscheidungen unter Unsicherheit besteht bei allen Beteiligten die Befürchtung, eine falsche Entscheidung zu treffen und später kritisiert zu werden.

Die Furcht vor Fehlentscheidungen kann dazu führen, dass Entscheidungen verzögert, vermieden oder aufgeschoben werden. Es besteht die Gefahr des Omission-Bias bei Entscheidungsträgern, bei dem Entscheidungen aus Angst vor Fehlern vermieden werden, nach dem Motto: Wer nichts tut, macht keine Fehler.

Um solche Entscheidungshemmnisse zu überwinden, ist der Hinweis des Bundesverfassungsgerichts hilfreich, der klärt, wann und unter welchen Bedingungen Entscheidungen unter Unsicherheit getroffen werden können, ohne sich dem Vorwurf eines Organisationsverschuldens auszusetzen.

Vom Gesetzgeber verlangt das Bundesverfassungsgericht bei Entscheidungen unter Unsicherheit, dass

erstens alle zugänglichen Erkenntnisquellen ausgeschöpft werden,

• dass zweitens die Erwartungen an den späteren Erfahrungen zum tatsächlichen Geschehensverlauf gemessen werden und dass

drittens die Gefährdungsbeurteilung mit der Annahme eines drohenden Gesundheitsschadens und die Annahme einer erforderlichen und geeigneten Schutzmaßnahme zu deren Abwendung korrigiert werden, sollten sich die ursprünglichen Annahmen als Fehlprognosen erweisen.

Eine Fehlentscheidung unter Unsicherheit sollte nicht kritisiert werden, wenn alle verfügbaren Erkenntnisquellen bei der Entscheidung zur Gefährdungsbeurteilung und zu Schutzmaßnahmen genutzt wurden und spätere Korrekturen zur Anpassung der Fehlprognose zum Schadensverlauf notwendig sind. Wenn der Arbeitgeber sich zum Zeitpunkt der Gefährdungsbeurteilung am aktuellen Stand der Erfahrungen und Einsichten orientiert hat, gilt seine Entscheidung als vertretbar, selbst wenn sie sich später als teilweise oder gänzlich falsch herausstellt und korrigiert werden muss.

Vom Arbeitgeber kann bei der Gefährdungsbeurteilung nicht mehr verlangt werden, als das Bundesverfassungsgericht vom Gesetzgeber beim Erstellen und Bewerten von Prognosen erwartet. Auch hier geht es um Vorhersagen beim Einschätzen der Schäden und der Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen zur Vermeidung dieser Schäden.

Gefährdungsbeurteilung als Rechercheproblem

Wenn man für die Arbeitgeber die gleichen Maßstäbe verwendet, wie sie das Bundesverfassungsgericht vom Gesetzgeber fordert, bietet die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine klare Interpretationsrichtlinie für das Entscheidungsverhalten bei der Gefährdungsbeurteilung von Arbeitgebern und ihren Verantwortlichen.

Die Gefährdungsbeurteilung wird durch die Verpflichtung, alle verfügbaren Erkenntnisquellen zu nutzen, zu einer Rechercheaufgabe. Um dieser Pflicht nachzukommen, muss der Entscheidungsträger seine Recherche dokumentieren. In einem ersten Schritt muss er überprüfen, ob es bereits eine bindende Gefährdungsbeurteilung in einer gesetzlichen oder untergesetzlichen Regelung gibt. Das erfordert eine gründliche Recherche in allen relevanten Gesetzen, Verordnungen, Technischen Regeln sowie den Vorgaben der Unfallversicherungsträger. Für jede Tätigkeit im Unternehmen sollte daher eine Datenbank für solche Recherchen bereitstehen, die den Umfang der durchsuchten Vorschriften dokumentiert.

Nur wenn der gesamte Bestand an Arbeitsschutzvorschriften keine entsprechende Regelung enthält, kann davon ausgegangen werden, dass alle verfügbaren Erkenntnisquellen ausgeschöpft sind.

Die Pflicht zur eigenen Riskoanalyse

Ein Geschäftsleiter hat die Pflicht zur eigenen Risikoanalyse und darf nicht einfach eine Bewertung einer Gefährdung aus zweiter Hand übernehmen. Die Risikoanalyse beinhaltet die Notwendigkeit, sich selbst Informationen zu beschaffen, insbesondere alle verfügbaren Erkenntnisquellen zu nutzen und sich eine eigene Einschätzung über potenzielle Risiken zu machen.

Der Vorstand muss eigene Informationsquellen im Unternehmen etablieren, ihre Funktionsfähigkeit sicherstellen und sie nutzen. Aus bestehender Rechtsprechung ergibt sich die Verpflichtung, bei der Informationsbeschaffung sicherzustellen, dass die Informationsgeber in Bezug auf das Risiko keinen Interessenkonflikten unterliegen oder eigene Interessen verfolgen. Insbesondere beim Umgang mit Stoffen und Arbeitsmitteln besteht die Gefahr, dass Lieferanten oder Zulieferer die Risiken ihrer eigenen Produkte herunterspielen.

Wenn keine Erfahrungen über den Einsatz bestimmter Stoffe oder Arbeitsmittel vorliegen, beinhaltet die Pflicht zur Informationsbeschaffung im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung auch die Notwendigkeit, konkurrierende Schadensprognosen auf ihre Validität zu prüfen und sie kritischen Überprüfungen zu unterziehen.

Confirmation-Bias als vermeibarer Fehler beim Prognostizieren

Der Confirmation-Bias beschreibt die Tendenz von Menschen, nur jene Informationen zu berücksichtigen, die ihre eigene Theorie oder Prognose bestätigen und alle anderen Informationen, die diese Theorie oder Prognose in Frage stellen könnten, zu ignorieren. Dies kann dazu führen, dass Fehlprognosen nicht erkannt und somit nicht korrigiert werden. Compliance-Verantwortliche müssen organisatorische Maßnahmen ergreifen, um diesen Entscheidungsfehler präventiv zu verhindern. Prognosen sind nicht beweisbar. Sie können nur falsifiziert, also widerlegt werden. Sowohl Prognosen über mögliche Schäden als auch über Schutzmaßnahmen müssen formuliert und auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Sie sind solange gültig, bis sie widerlegt werden. Erst wenn ein Schaden eingetreten ist oder eine Schutzmaßnahme tatsächlich wirksam war, kann eine Prognose als zutreffend betrachtet werden.

Bei der präventiven Erstellung einer Schadensprognose, um Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten zu vermeiden, ist der Beweis durch den tatsächlich eingetretenen Schaden nicht hilfreich, da das Ziel ist, diesen Schaden zu verhindern. Es ist nützlich, sich in solchen Prognosesituationen einen Gegenanwalt in einem zukünftigen Prozess vorzustellen, der argumentieren wird, dass man hätte voraussehen müssen, dass dieser Schaden eintreten könnte.

Nachdem ein Schaden tatsächlich eingetreten ist, wird ein Gegenanwalt versuchen, ein Gericht davon zu überzeugen, dass der Schaden vorhersehbar und vermeidbar war. In dieser Situation wird der Beklagte durch den Hindsight-Bias belastet, da Menschen nachträglich oft glauben, sie hätten den Ausgang vorhersehen können.

Um solche Probleme zu vermeiden, ist es unerlässlich, zum Zeitpunkt der Entscheidung über eine mögliche Gefährdung alles zu dokumentieren, was als Grundlage für präventive Maßnahmen diente. Es ist wichtig, das zum Zeitpunkt der Entscheidung verfügbare Wissen zu dokumentieren, um Beweise dafür zu sichern, dass zu diesem Zeitpunkt keine Gefährdung angenommen werden musste.

Der Availability-Bias kann dazu führen, dass Risiken entweder unterschätzt oder überschätzt werden, je nachdem, welche Informationen verfügbar sind. Um diesen Fehler zu vermeiden, sollte man sich an die Rechtsprechung des BGH halten und alle verfügbaren Informationsquellen nutzen.

Prognose über mögliche Gesundheitsschäden

Für jede Tätigkeit im Unternehmen muss eine individuelle Prognose über mögliche Gesundheitsschäden an Mitarbeitern erstellt werden.

Die Verpflichtung zur eigenen Risikoanalyse verhindert die in Unternehmen häufig kritisierte Vorgehensweise, identische Betriebsanweisungen für bestimmte Stoffe im gesamten Betrieb ohne Berücksichtigung der spezifischen Tätigkeit zu verteilen oder direkt die Inhalte der Sicherheitsdatenblätter oder anderer Stoffinformationssysteme ohne Anpassung an die jeweilige Risikosituation im Unternehmen zu übernehmen.

Allgemeine Betriebsanweisungen, die an allen Arbeitsplätzen identisch verteilt werden, sind problematisch. Dies verstößt gegen die Verpflichtung zur tätigkeitsbezogenen Gefährdungsbeurteilung gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 ArbSchG und gegen die TRGS 555, die die „Betriebsanweisung und Information der Beschäftigten“ regelt.

Die Grenzen der Pflicht zur Gefährdungsbeurteilung nach der Rechtsprechung zum „Restrisiko“

Verantwortliche in Unternehmen stehen vor der Herausforderung, zu bestimmen, wann sie ihre Pflicht zur Gefährdungsbeurteilung erfüllt haben. Bei der Einschätzung von Gefährdungen und der Beurteilung der Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen zur Abwehr von Berufskrankheiten und Arbeitsunfällen müssen sie Entscheidungen unter Unsicherheit treffen. Hierbei können sie sich leicht überfordert fühlen, da es so scheint, als würde von ihnen verlangt, verlässliche Prognosen über zukünftige Schadensverläufe und wirksame Schutzmaßnahmen zu erstellen.

Die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum „Restrisiko“, die durch 17 höchstrichterliche Entscheidungen bestätigt wurde, bietet hierbei Orientierung. Das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, dass vom Gesetzgeber keine Regelungen erwartet werden können, die mit absoluter Sicherheit Gefährdungen ausschließen. Diese Maßstäbe gelten für alle Bereiche der Rechtsordnung und somit auch für alle Entscheidungen von Vorständen und Geschäftsführern zur Risikoabwehr.

Das Bundesverfassungsgericht hat klargestellt, dass Schutzpflichten bereits dann ausgelöst werden, wenn bei der Art und Schwere der Schadensfolgen bereits eine entfernte Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts besteht. Bei fehlender Erfahrungsgrundlage müssen Entscheidungsträger auf Schlüsse aus simulierten Verläufen zurückgreifen. Erfahrungswissen ist immer nur Annäherungswissen und kann durch jede neue Erfahrung korrigiert werden. Absolute Sicherheit ist nicht erreichbar und wäre unrealistisch.

Die Grenzen der Pflicht zur Gefährdungsbeurteilung ergeben sich aus dem neuesten Stand des möglichen, aber noch nicht widerlegten Irrtums. Dies verweist auf das Falsifikationsverfahren, bei dem Prognosen ständigen Widerlegungsversuchen ausgesetzt werden müssen. Wer bei der Gefährdungsbeurteilung alle Informationsquellen zum aktuellen Erfahrungswissen ausschöpft und Prognosen prüft, erfüllt die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts.

Im Ergebnis ist die Gefährdungsbeurteilung eine Rechercheaufgabe, bei der alle verfügbaren Informationsquellen ausgeschöpft werden müssen. Mit moderner Recherchetechnik und umfangreichem Datenbankspeicher ist dies machbar. Wenn das Bundesverfassungsgericht Restrisiken zulässt, können sich Verantwortliche darauf verlassen, dass sie ihre Pflichten zur Gefährdungsbeurteilung erfüllt haben. Es ist ratsam, alle Schritte zu dokumentieren, um in eventuellen Schadensprozessen Beweise vorlegen zu können.

Wissensmanagement

Die Grenzen der Pflicht zur Gefährdungsbeurteilung und Risikoanalyse sind klar definiert. Verantwortliche müssen dem Prüfschema des Bundesverfassungsgerichts folgen, das auch für den Gesetzgeber gilt. Wenn ein Verantwortlicher für die Gefährdungsbeurteilung dieses Schema zur Risikobewertung in seinem Unternehmen anwendet, kann er sich gegen den Vorwurf verteidigen, die Gefährdungsbeurteilung und Risikoanalyse pflichtwidrig durchgeführt zu haben.

Moderne Recherchetechniken und ein umfangreicher Speicher von Rechtsquellen erleichtern die Pflicht zur Gefährdungsbeurteilung und zum Ausschöpfen aller verfügbaren Informationsquellen. Dies erfüllt die Informationsbeschaffungspflicht von Vorstand oder Geschäftsführer.

Es ist wichtig, so viele Risikosachverhalte wie möglich aus allen Industrieunternehmen zu prüfen, sie mit Pflichten zu verknüpfen, dauerhaft zu speichern und zugänglich zu machen. Der BGH hat dies in seiner Entscheidung zur Wissensaufspaltung als Pflicht zum Informationsmanagement festgelegt.

Der Gesetzgeber hat die Gefährdungsbeurteilung vereinfacht, indem er entschieden hat, auf die Eintrittswahrscheinlichkeit im Arbeitsschutz zu verzichten. Dies entlastet Unternehmen von einer Aufgabe, die in der Praxis schwer umsetzbar wäre.

Gesundheitsgefährdungen erkennen und darauf richtig reagieren können

Der Arbeitgeber unterweist seine Beschäftigten so, dass sie Gesundheitsgefährdungen erkennen und darauf richtig reagieren. Die speziellen Arbeitsprozesse dienen als Basis, die in konkreten Ausführungsvorschriften vorgegeben werden.

Die Verantwortlichen sollten dabei beachten, dass es Unterschiede gibt zwischen den Begriffen:

  • Anweisung

  • Unterweisung

  • Einweisung