Verkehrssicherungspflichten in der Wohnungswirtschaft
Facility Management: Betreiberverantwortung » Basis » Verkehrssicherungspflichten

Gefahrenquellen erkennen, Prüfpflichten organisieren und Zuständigkeiten klären
Die DIN 94681 (gültig ab 2025) stellt einen Meilenstein dar, indem sie erstmals eine einheitliche Struktur für die Sicherheitsüberprüfung in Wohngebäuden bietet. Für Wohnungsunternehmen bedeutet dies klare Prüfroutinen: (Was wird wann, wie, durch wen und mit welcher Dokumentation geprüft?), Qualifizierte Prüfer ( Festlegung von Sachkundeanforderungen, Delegation an Fachfirmen.)
•Einhaltung weiterer Regelwerke: BetrSichV, ArbStättV, DGUV, TrinkwV, Landesbauordnungen.
•Komplette Dokumentation: CAFM-Systeme, Prüfbücher, Protokolle, Archivierung.
•Konsequentes Risikomanagement: Gefährdungsbeurteilung, Baubegehungen, regelmäßige Audits.
Mangelnde Umsetzung führt nicht nur zu Haftungsrisiken, sondern kann auch Versicherungsschutz gefährden und zu Bußgeldern oder Strafverfolgung führen. Umgekehrt verschafft ein wirksames Verkehrssicherungssystem Rechts- und Planungssicherheit, reduziert langfristig Kosten (Prävention statt teurer Schadenfall) und erhöht das Sicherheits- und Qualitätsniveau in den Immobilien.
Rechtssicherheit und Bewohnersicherheit durch dokumentierte Abläufe stärken
Entstehung und Bedeutung der DIN 94681
Die DIN 94681 ist eine neue Norm, die ab 2025 eine einheitliche Vorgabe für die Verkehrssicherheitsüberprüfung in Wohngebäuden schafft. Im Gegensatz zu älteren, verstreuten Regelungen zielt sie explizit darauf ab, sämtliche Gefährdungsquellen im Wohnumfeld zu erfassen – von der baulichen Sicherheit (Treppen, Geländer, Balkone) über technische Anlagen (Aufzug, Heiz- und Lüftungssysteme) bis hin zu Außenbereichen (Spielplätze, Wege, Bäume).
Wesentliche Auslöser für die Schaffung dieser Norm sind:
Steigende Unfallstatistiken in Wohnimmobilien (Stürze, herabfallende Teile, Brände)
Uneinheitliche Rechtsprechung zu Umfang und Häufigkeit von Wartungen und Inspektionen
Erhöhung der Rechtssicherheit durch einheitliche Prüfkataloge und Nachweisführungen
Obwohl DIN-Normen keine Gesetzesnormen sind, entfalten sie in der Praxis erhebliche quasi-verbindliche Wirkung: Gerichte stufen sie meist als „anerkannte Regeln der Technik“ ein. Ein Betreiber, der die DIN 94681 erfüllt, hat gute Argumente, seinen Sorgfaltsmaßstab erfüllt zu haben. Umgekehrt kann das Abweichen von wesentlichen Normanforderungen im Schadenfall eine Schuldindikation sein.
Rolle weiterer Normen und Regelwerke (VDI 6200, Landesbauordnungen, BGB)
VDI 6200: Richtlinie zur regelmäßigen Standsicherheitsprüfung von Bauwerken, herausgegeben vom Verein Deutscher Ingenieure. Bezieht sich auf Tragwerksaspekte, empfiehlt Inspektionsintervalle für Bauteile (z. B. 3–5-jährliche Fachprüfung, jährliche Sichtkontrolle).
Landesbauordnungen: Jede LBO schreibt den Eigentümern vor, Gebäude in gebrauchsfähigem Zustand zu halten (Standsicherheit, Brandschutz). Zuwiderhandlungen können ordnungsrechtliche Maßnahmen und Bußgelder nach sich ziehen.
Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): § 823 BGB – Deliktische Haftung bei schuldhafter Pflichtverletzung
§ 836 BGB – Haftung des Grundstücks-/Bauwerksbesitzers bei Einsturz oder Herabfallen von Teilen.
§ 276 BGB – Verschuldensmaßstäbe (vorsätzlich/grob fahrlässig/leicht fahrlässig).
Der Betreiber muss also nicht nur die DIN 94681 erfüllen, sondern die allgemeine Verkehrssicherungspflicht nach BGB und Bauordnungsrecht im Blick behalten. Die neue DIN setzt aber einen zentrale(re)n Standard, mit dem sich Betreiber gegenüber Behörden, Mietern und Gerichten rechtfertigen können.
Arbeitsstättenrecht (ArbStättV, ASR), DGUV-Vorschriften und Verantwortung des Arbeitgebers
Wohnungsunternehmen beschäftigen meist eigenes Personal (Hausmeister, Hauswart, Techniker, Verwalter). Diese werden in den zugehörigen Immobilien tätig und unterliegen damit den Vorschriften des Arbeitsschutzes:
Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG): Arbeitgeber ist verpflichtet, Gefährdungen systematisch zu beurteilen (Gefährdungsbeurteilung) und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen (z. B. PSA, sichere Verkehrswege).
Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) und zugehörige Technische Regeln für Arbeitsstätten (ASR): In Gemeinschaftsflächen, Hausmeisterwerkstätten oder Lagerräumen gelten Regeln zu Fluchtwegen, Beleuchtung, Belüftung, Sanitärstandards.
DGUV-Vorschriften (ehem. BGV): z. B. DGUV Vorschrift 1 (Grundsätze der Prävention), DGUV Vorschrift 3 (Elektrische Anlagen und Betriebsmittel), DGUV Regel 108-007 (Arbeiten an elektrischen Anlagen). Betreiber müssen Mitarbeiter unterweisen, Geräte prüfen lassen und Unfälle melden.
Gerade Mehrfamilienhäuser mit eigenen Werkstätten oder Verwaltungsbüros werden somit zu Arbeitsplätzen im Sinne des Gesetzes. Ein Unfall (z. B. Stromschlag an unsachgemäßer Verkabelung) kann dem Arbeitgeber als Verletzung der Arbeitsschutzpflichten vorgeworfen werden.
Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV), Technische Regeln (TRBS) und Prüfpflichten
Die BetrSichV regelt die sichere Bereitstellung und Benutzung von Arbeitsmitteln sowie den Betrieb sogenannter überwachungsbedürftiger Anlagen.
In Wohngebäuden sind davon vor allem betroffen:
Aufzugsanlagen: wiederkehrende Prüfungen (2-jährlich Hauptprüfung, dazwischen Zwischenprüfungen; monatliche Wartung durch Fachfirma meist üblich), Dokumentation in einem Prüfbuch.
Druckbehälter in Heizungsanlagen: je nach Volumen und Druckstufe Prüfintervalle (5-jährliche oder 10-jährliche Prüfungen, Sicherheitsventile jährlich inspizieren).
Elektrische Anlagen: Regelungen zur Gefährdungsbeurteilung, Festlegung von Prüfintervallen (DGUV V3), Fachkundeanforderung an Prüfer.
Die TRBS (Technische Regeln für Betriebssicherheit) konkretisieren, wie diese Pflichten umzusetzen sind, z. B. TRBS 3121 für Aufzugsanlagen. Darüber hinaus kann die Nichteinhaltung der BetrSichV Bußgelder nach sich ziehen (Ordnungswidrigkeiten) und im Haftungsfall als Beleg für Fahrlässigkeit dienen.
Trinkwasserverordnung (TrinkwV) und Hygieneanforderungen
Bei zentralen Warmwasserbereitungsanlagen in Wohngebäuden mit ausreichend großem Speichervolumen oder ausgedehnten Rohrnetzen greift die Trinkwasserverordnung: alle 3 Jahre (bei unauffälligen Werten) Legionellenuntersuchungen durch ein akkreditiertes Labor.
Bei Überschreitung des technischen Maßnahmenwerts sind:
Gesundheitsamt zu informieren,
Sofortmaßnahmen (thermische Desinfektion, Spülungen) einzuleiten,
Wiederholungsuntersuchungen zu veranlassen.
Wird dies unterlassen und es kommt zu Erkrankungen (Legionellose), drohen straf- oder zivilrechtliche Schritte sowie Bußgelder. Die Einhaltung der TrinkwV gehört zu den Kernpflichten eines Wohnungsbetreibers (Gesundheitsschutz).
Rechtscharakter von DIN- und VDI-Normen als „anerkannte Regeln der Technik“
DIN- und VDI-Normen sind nicht automatisch Gesetze, genießen aber hohen Stellenwert bei der Bestimmung des Standes der Technik. Dieser Stand der Technik ist relevant für die Frage, ob ein Betreiber „alles Zumutbare“ getan hat. Wer wesentliche Normen nachweislich umsetzt, kann sich z. B. im Falle eines Unfalls oft erfolgreich entlasten. Umgekehrt kann das Ignorieren etablierter Normen Indizien für Fahrlässigkeit liefern. Insofern werden DIN 94681 und VDI 6200 gewissermaßen zu „Leitplanken“ für Verkehrssicherungsmaßnahmen.
Delikts- und Vertragshaftung (BGB, §§ 823, 836, 276) – Grundlagen und Umfang
§ 823 Abs. 1 BGB: Verpflichtet jeden, der eine Gefahrenquelle schafft oder unterhält, zu den notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen, um Schäden Dritter zu verhindern. Bei Unterlassung haftet er für daraus resultierende Schäden.
§ 836 BGB: Spezielle Haftung des Grundstücks- oder Bauwerksbesitzers. Kommt es zum Einsturz oder lösen sich Gebäudeteile (z. B. herabfallende Balkonteile), haftet der Besitzer verschuldensunabhängig, wenn er nicht nachweisen kann, dass er die „erforderliche Sorgfalt“ beachtet hat.
§ 276 BGB: Fasst das Verschulden in Vorsatz und Fahrlässigkeit. Fahrlässigkeit wird unterteilt in leicht und grob; je schwerer der Verstoß, desto schärfer die Haftungsfolgen.
Diese deliktsrechtlichen Grundlagen begründen die Verkehrssicherungspflicht. Daneben kann es bei Vermietungssituationen noch zu vertraglichen Ansprüchen aus dem Mietvertrag kommen (z. B. Mietminderung oder Schadensersatz wegen Mängeln nach § 536 BGB). Das heißt, Eigentümer haften sowohl deliktsrechtlich (gegenüber beliebigen Dritten) als auch vertraglich (gegenüber Mietern).
Verkehrssicherungspflicht: Abgrenzung zu Eigenverantwortung Dritter
Der Eigentümer ist nicht verpflichtet, absolute Gefahrlosigkeit zu gewährleisten. Eine gewisse Eigenverantwortung wird den Nutzern zugemutet. So hat der BGH oft betont, dass eine „allgemeine Lebensgefahr“ – etwa einzelne nasse Blätter auf einem Gehweg – nicht in die volle Verantwortung des Betreibers fällt, sofern dieser seine zumutbaren Maßnahmen (z. B. einmal tägliches Fegen in der Laubzeit) erfüllt. Die Abgrenzung ist aber fließend: Bei großen Mengen Laub, Glatteis oder baulichen Extremmängeln kann nicht mehr von zumutbarer Eigenvorsicht ausgegangen werden.
Organisationsverschulden: Haftungsdurchgriff auf Geschäftsleitung und leitende Mitarbeiter
In juristischer Praxis wird häufig Organisationsverschulden diskutiert: Wenn ein Unternehmen nicht für angemessene Strukturen, Abläufe und Kontrollen sorgt, kann sich die Verantwortung bis in die Geschäftsleitung erstrecken. Beispiel: Ein Wohnungsunternehmen, das keinen Winterdienstplan hat, keine Streumittel bevorratet und auch bei Beschwerden nichts unternimmt, handelt grob fahrlässig. Kommt es zum Unfall, kann die Geschäftsleitung zur Verantwortung gezogen werden. Dies schließt die Möglichkeit strafrechtlicher Verfolgung (fahrlässige Körperverletzung/Tötung) nicht aus, wenn die Pflichtverletzung gravierend war.
Konkrete Gefahrenfelder in Wohngebäuden – von Baummanagement bis Legionellengefahr
Bäume: Umstürzende oder Astbruch-gefährdete Bäume erfordern regelmäßige Kontrollen, besonders an publikumsintensiven Stellen.
Winterdienst: Räum- und Streupflicht auf Gehwegen, Hauszugängen, ggf. Tiefgaragenrampen.
Dachlawinen, Eiszapfen: Schneefangsysteme, Warnschilder, ggf. Sperrung bei Extrembedingungen.
Spielplatz: wöchentliche Sichtkontrollen, jährliche Hauptinspektion durch Sachkundige gemäß DIN EN 1176.
Legionellen: Temperatur- und Spülkonzepte für Warmwasseranlagen, 3-jährliche Prüfungen.
Aufzüge: Störungen, Notbefreiungen, jährliche bzw. 2-jährliche Prüfpflicht.
Elektroinstallation: Kurzschluss-, Brandgefahr, DGUV-V3-Prüfintervalle.
Versäumnisse in diesen Bereichen können Personenschäden (Verletzungen, Erkrankungen) oder Sachschäden verursachen.
Delegation an Dritte und Überwachungspflichten (BGH-Rechtsprechung)
Der BGH hat in mehreren Entscheidungen (z. B. VI ZR 126/07) klargestellt, dass die Delegation von Verkehrssicherungspflichten an Dritte (Dienstleister, Verwalter, Mieter) grundsätzlich zulässig ist, aber der delegierende Eigentümer eine Kontroll- und Überwachungspflicht behält.
Das bedeutet:
Sorgfältige Auswahl des Delegationsempfängers (Kompetenz, Zuverlässigkeit).
Stichprobenartige Kontrolle, ob der Beauftragte seine Aufgaben tatsächlich erfüllt.
Einschreiten bei erkennbaren Mängeln oder Defiziten.
Unterbleibt diese Kontrolle, kann sich der Eigentümer nicht ohne Weiteres exkulpieren. Er haftet dann wegen Organisationsverschulden oder mangelnder Aufsicht.
Versicherungswesen: Haus- und Grundbesitzerhaftpflicht, Betriebshaftpflicht, D&O-Policen
Zur Risikominimierung sollten Wohnungsunternehmen folgende Versicherungen in Betracht ziehen:
Haus- und Grundbesitzerhaftpflicht: Deckt Haftpflichtansprüche Dritter ab, die aus dem Eigentum an Gebäuden resultieren (z. B. Sturz auf vereistem Weg).
Betriebshaftpflicht: Deckt Ansprüche, die aus betrieblichen Tätigkeiten resultieren (z. B. Fehler bei Wartungsarbeiten).
D&O-Versicherung (Directors and Officers): Schützt Geschäftsleitung bzw. leitende Angestellte vor persönlichen Vermögensschäden, wenn z. B. Organisationsverschulden geltend gemacht wird.
Zu beachten: Versicherer verlangen Einhaltung aller gesetzlichen Pflichten. Bei grober Fahrlässigkeit oder vorsätzlichen Verstößen kann der Versicherer die Leistung verweigern.
Wirtschaftliche und strategische Vorteile eines umfassenden Verkehrssicherungssystems
Ein professionelles Verkehrssicherungsmanagement (Prüfpläne, Dokumentationen, Audits) ist nicht nur Pflicht, sondern bietet auch handfeste Vorteile:
Systematische Erfüllung der DIN 94681: Prüfkataloge, Meldeprozesse, Dokumentationssysteme
Bauliche Checklisten: Treppen, Geländer, Fußböden, Aufbauten, Außenfasaden, Balkone, Dachkonstruktionen.
Technische Checklisten: Aufzug, Heizung, Elektro, Lüftung, Brandschutzeinrichtungen, Blitzschutz.
Außenanlagen: Spielgeräte, Wege, Parkflächen, Müllplätze, Grünanlagen, Bäume.
Organisatorische Sicherheit: Kennzeichnung von Fluchtwegen, Rettungsplänen, Meldeketten im Notfall.
Die Norm gibt zudem Hinweise, welche Prüfintervalle angemessen sind (z. B. wöchentliche Sichtkontrollen, quartalsmäßige erweiterte Inspektionen, jährliche Fachprüfungen). Jeder Befund muss in einem Prüfprotokoll festgehalten werden, wobei die DIN auf eine Ampelsystematik (grün / gelb / rot) oder eine vergleichbare Risiko-Kategorisierung verweist.
Prüfintervalle im Detail (Aufzüge, Elektroanlage, Brandschutz, Außenanlagen, Trinkwasser etc.)
Gesetzlich: alle 2 Jahre durch ZÜS (Hauptprüfung), dazwischen jährliche Zwischenprüfung.
Empfehlung DIN 94681: monatliche Funktionskontrolle (Hausmeister) + vierteljährliche Wartung (Fachfirma).
Dokumentation im Aufzugsbuch, Notrufsystem-Test wenigstens vierteljährlich.
Elektroanlage
BetrSichV + DGUV V3: ortsfeste Anlage z. B. alle 4 Jahre prüfpflichtig durch Elektrofachkraft, ortsveränderliche Geräte je nach Beanspruchung häufiger.
DIN 94681 betont zudem den Aspekt der Brandsicherheit (Schutzschalter, Überspannungsschutz).
Brandschutz
Feuerlöscher: alle 2 Jahre durch Sachkundige prüfen.
Rauchwarnmelder: jährlicher Funktionstest (je nach Landesrecht Mieter- oder Vermieterpflicht).
RWA-Anlagen, Notbeleuchtung, Brandschutztüren: Wartungsverträge nach Herstellervorgaben (typisch jährlich).
Löschwasserleitungen, Wandhydranten: 2-jährliche Dicht- und Druckprüfung.
Außenanlagen (Bäume, Wege, Spielplätze)
Bäume: mind. 1–2 mal jährlich plus anlassbezogen nach Stürmen durch Sachkundige kontrollieren.
Spielplätze: wöchentliche Sichtprüfung (Hausmeister), vierteljährliche operative Inspektion, jährlich Hauptinspektion (zertifizierter Spielplatzprüfer nach DIN EN 1176).
Wege: Winterdienst bei Frost/Schnee, Laubentfernung im Herbst i. d. R. täglich (abhängig von Laubmengen und starker Frequentierung).
Trinkwasser
Legionellenuntersuchung: alle 3 Jahre (bei Überschreitung Wiederholungstests).
Sichtkontrolle Warmwasserspeicher, Filterwechsel halbjährlich bis jährlich (DIN 1988).
Thermische Desinfektion bei anhaltender Kontamination, Dokumentation aller Messergebnisse mind. 10 Jahre aufbewahren.
Rechtskonforme Archivierung und elektronische CAFM-Systeme
Vollständigkeit: Jedes Prüfprotokoll, jede Wartung, jeder Mängelhinweis muss unverzüglich dokumentiert werden.
Struktur: Empfehlenswert ist ein „Objekthandbuch“ oder eine digitale CAFM-Lösung. CAFM-Software kann Termine verwalten, Prüfaufträge generieren, Protokolle revisionssicher archivieren.
Aufbewahrungsfristen: Mindestens 5–10 Jahre (je nach Art der Dokumente), ggf. länger bei großem Haftungsrisiko.
Beweislast: Kommt es zum Rechtsstreit, erleichtern lückenlose Dokumente das Entlasten. Ohne Nachweise wird oft vom Verschulden des Betreibers ausgegangen.
Gefährdungsbeurteilung und Risikoanalysen – Verknüpfung mit Arbeitsschutz
Identifikation der Gefahren (baulich, technisch, organisatorisch)
Bewertung der Risiken (Eintrittswahrscheinlichkeit, Schadensausmaß)
Definition von Maßnahmen (z. B. Umbau, Reparatur, regelmäßige Inspektion, Aufstellen von Warnhinweisen)
Wirksamkeitskontrolle (Wurden Mängel behoben? Wiederkehrende Kontrollen?)
Ein solches Verfahren ist auch eine wertvolle Grundlage für Versicherungsanfragen oder für das interne Qualitätsmanagement.
Typische Fehler in der Dokumentation und Folgen für die Haftung
Kein Protokoll über durchgeführte Winterdiensteinsätze: Im Sturzfall kann der Eigentümer nicht beweisen, dass geräumt wurde → hohe Haftungsquote.
Fehlende bzw. unklare Unterlagen über Legionellenuntersuchung: Bußgeld durch Gesundheitsamt, bei Erkrankungen erheblicher Schadensersatz.
Verlust von Protokollen: Mangelhafte Organisation, Indiz für grobe Fahrlässigkeit.
Nicht erfasste „kleinere“ Mängel: Werden manchmal übersehen – z. B. defekte Beleuchtung oder lockere Treppenstufe, führen zu Unfällen. Ein lückenloses Meldesystem (z. B. digital) wäre nötig.
Interne Audits und Qualitätskontrollen
Große Wohnungsunternehmen integrieren interne oder externe Audits, um die Einhaltung aller Pflichten zu prüfen. Dabei wird z. B. halbjährlich eine Stichprobe aller Dokumentationen oder Objekte vorgenommen:
Typische Fallgruppen (Winterdienst, Dachlawinen, Spielplätze, Teiche, Treppenhausbeleuchtung, Baumkontrolle)
Winterdienst: Räum- und Streupflichten bei Schneefall/Glätte ab 7 Uhr (werktags), am Wochenende meist ab 8–9 Uhr; je nach örtlicher Satzung.
Dachlawinen und Eiszapfen: Schneefangsysteme, Warnhinweise oder Notfallsperrung der gefährdeten Bereiche.
Spielplätze: DIN EN 1176-7 zur Instandhaltung. Hohe Anforderungen an Sicherheit, weil Kinder als besonders schutzbedürftig gelten.
Teiche oder offene Wasserstellen: Bei tiefen Teichen und leichtem Zugang sind Absicherungen (Zäune, Gitter) dringend empfohlen, sonst droht Haftung bei Kinderunfällen.
Treppenhausbeleuchtung: Ausreichende Beleuchtungsdauer, Wartung defekter Lampen unverzüglich.
Baumkontrolle: Mind. jährliche fachkundige Sichtung, besonders an vielbegangenen Bereichen.
Mindestens 15 relevante Gerichtsentscheidungen mit Fundstellen und Kernaussagen
BGH, VI ZR 126/07 (Winterdienstdelegation): Eigentümer darf räumen/streuen an Dritte übertragen, muss aber überwachen.
OLG Oldenburg, 12 U 7/17 (Baumkontrolle): jährliche Sichtprüfung, bei Auffälligkeiten Sachverständige hinzuziehen.
OLG Schleswig, 11 U 16/13 (Laubfall): 1 mal täglich fegen in der Hochsaison ist ausreichend, kein Rund-um-die-Uhr-Einsatz.
AG München, 274 C 32118/13 (Dachlawine): vorhandenes Schneefanggitter entlastet Eigentümer, keine weitergehende Pflicht.
LG Bielefeld, 8 O 310/10 (Extremwetter): Bei ungewöhnlich starkem Schneefall kann aktives Dachräumen geboten sein.
LG Magdeburg, 5 O 833/10 (Warnschilder bei Dachlawinengefahr): Bei offensichtlicher Akutgefahr sind klare Warnhinweise/Sperrungen nötig.
AG München, 222 C 25801/05 (Eiszapfen): Keine Haftung, wenn Standardsicherungen vorhanden und der Zapfen nicht erkennbar extrem war.
BGH, VI ZR 138/11 (Einzelne Glättestelle): Keine Pflicht zum Streuen bei nur sporadischer Eisbildung ohne erkennbare allgemeine Glätte.
OLG Hamm, 24 U 38/12 (Bagatellkante): Minimale Stolperkanten begründen keine Haftung.
OLG Hamm, 6 U 178/12 (Schleichweg): Privatgrundstück ohne Widmung, Passant stürzt; keine Räumpflicht.
BGH, VIII ZR 255/16 (Öffentlicher Gehweg): Vermieter ist nicht vertraglich verpflichtet, öffentlichen Bürgersteig zu räumen (je nach Ortssatzung aber öffentlich-rechtliche Pflicht).
OLG Brandenburg, 3 U 30/22 (Teichunfall Kind): ungesicherter Teich → erhebliche Haftung; Kinder sind besonders geschützt, Zaun wäre nötig.
LG Wiesbaden, 9 O 178/19 (Spielplatzbank): leichte Beschädigung der Sitzfläche reichte nicht für Haftung, da regelmäßige Inspektionen stattfanden.
LG Coburg, 11 O 235/11 (dunkles Treppenhaus): Kein Verschulden des Vermieters, da ausreichend Restlicht vorhanden war und Defekt erst kurz bestand.
BGH, VI ZR 223/07 (Zumutbarkeit im Straßenreinigungsfall): Eigentümer muss nur die zumutbaren Mittel ergreifen, keine überzogenen Vorkehrungen.
Umsetzung in der betrieblichen Praxis: Wie Gerichte Nachweise und Dokumentation bewerten
Gerichte legen größten Wert auf Nachweise: Prüfprotokolle, Dienstpläne, Streubücher, Wartungsrechnungen. Wer ein geordnetes System vorweisen kann (z. B. CAFM-Ausdrucke, Zeitstempel, Fotos), ist meist entlastet. Fehlen solche Belege, neigen Gerichte dazu, dem Verletzten eine Beweislastumkehr zuzugestehen oder zumindest das Betreiberverschulden zu vermuten.
Rechtsposition der Mieter vs. Pflichten des Vermieters bei Schäden
Mieter können bei Gefahrenlagen Mietminderung geltend machen, z. B. bei dauerhaft defektem Aufzug oder massivem Schimmel. Kommt es zu Personenschäden, kann der Vermieter vertraglich (wegen Mangel) und deliktsrechtlich (wegen Verletzung der Verkehrssicherung) haften. Andererseits haben Mieter gewisse Mitwirkungspflichten: Sie müssen z. B. dem Vermieter Mängel melden und zumutbare Vorsicht walten lassen.
Handlungsempfehlungen aus der Rechtsprechung
Proaktive Maßnahmen: lieber einmal zu viel kontrollieren/reparieren als zu wenig.
Präzise Delegationsverträge (Winterdienst, Hausmeister) und Kontrollen.
Dokumentation: Ohne lückenlose Aufzeichnungen (Streubuch, Wartungsprotokoll) ist eine Entlastung kaum möglich.
Kinder- und Jugendschutz: Teiche, Schächte, Spielgeräte besonders absichern.
Erreichbarkeit: Notfallnummern, Meldestellen für Mieter bereitstellen, um Defekte schnell abzustellen.
Checkliste: Aufzugsanlagen
Ziel: Sicherstellung eines störungsfreien und sicheren Betriebs gemäß BetrSichV und DIN 94681.
Prüf- und Wartungsintervalle
Hauptprüfung alle 2 Jahre durch ZÜS (Prüfbuch aktualisieren).
Zwischenprüfung jährlich (ggf. gleichzeitig mit Wartung).
Monatliche Funktionskontrolle (z. B. durch Hausmeister): Fahrt in jede Etage, Türöffnung/-schließung prüfen, Notruf-Sprechverbindung testen.
Dokumentation
Aufzugsbuch führen: sämtliche Wartungs- und Prüftermine, Störungen, Reparaturen eintragen.
Prüfsiegel oder Prüfplakette in der Aufzugkabine: Nächster Prüftermin sichtbar.
Notruf- und Notbefreiung
2-Wege-Notrufsystem in der Kabine installiert und betriebsbereit (vierteljährlich testen).
Notfallplan (wer befreit eingeschlossene Personen, Schlüssel im Maschinenraum, Einweisung Personal).
Allgemeine Kontrolle
Maschinenraum sauber, gut zugänglich, keine Brandlasten (Lappen, Öle) ungesichert.
Kabinenbeleuchtung intakt, Flächennotbeleuchtung vorhanden, Lüftung ok?
Türschließkanten, Lichtschranken oder Schließkraftüberwachung: einwandfreie Funktion.
Mängelbeseitigung
Bei Feststellung von Sicherheitsmängeln (gebrochene Kabinentüre, unregelmäßige Fahrten, ruckartiger Anlauf) -> sofort Fachfirma verständigen.
Aufzug ggf. sperren, bis Reparatur erfolgt.
Checkliste: Brandschutz
Ziel: Vermeidung von Brand- und Rauchgefahren, Einhaltung bauordnungsrechtlicher Vorgaben.
Rauchwarnmelder
In allen Wohnungen (Flure, Schlafräume) vorhanden und funktionsfähig?
Jährliche Prüfung (Miet- oder Vermieterpflicht, je nach Landesrecht), ggf. Fachfirma beauftragt.
Flucht- und Rettungswege
Sind Flure und Treppenhäuser frei von brennbaren Lagerungen (Pappe, Müll, Möbel)?
Fluchttüren nicht blockiert, Türschließer ok? Kennzeichnung Beleuchtung?
Feuerlöscher
Ausreichende Anzahl in heiztechnischen Bereichen, Werkstätten, Tiefgaragen.
2-jährliche Prüfung (Plakette), korrekte Beschilderung.
Brandschutztüren
Selbstschließende Funktion intakt, keine Keile.
Dichtungen unbeschädigt, jährliche Wartung Türschließanlage.
Rauch- und Wärmeabzugsanlage (RWA)
Funktionsprobe, Zuverlässigkeit (manueller Testknopf), 1× jährlich Fachwartung.
Elektroinstallationen
Keine überlasteten Leitungen oder Mehrfachsteckdosen-Kaskaden in Gemeinschaftsbereichen.
Prüfsiegel DGUV V3 vorhanden (z. B. Waschmaschinen in Waschküchen).
Dokumentation
Brandschutzordnung (Teile A, B, C), Pläne der Fluchtwege, Sammelplatz.
Nachweis über durchgeführte Prüfungen (Feuerlöscher, Notbeleuchtung).
Checkliste: Trinkwasser (Legionellen, Hygiene) - Anlagendaten
Speichervolumen, Rohrleitungsvolumen, Baujahr, ggf. Nennleistung Heizung.
Legionellenprüfung
Alle 3 Jahre durch akkreditiertes Labor (Proben an repräsentativen Zapfstellen).
Letztes Prüfdatum / nächstes Prüfdatum vermerken, Laborbericht aufbewahren (10 Jahre).
Temperaturen
Warmwasser am Speicher mind. 60 °C, Zirkulationsleitungen mind. 55 °C.
regelmäßige Kontrolle, ggf. digitale Aufzeichnungen (Heizungssteuerung).
Filter/Enthärtungsanlage
Überschreitung des Maßnahmenwerts: Gesundheitsamt informieren, thermische Desinfektion, Spülprogramme, erneute Proben.
Information der Mieter (Aushang, Brief).
Allgemeine Sichtprüfungen
Undichte Armaturen, Korrosion an Rohrleitungen, defekte Ventile rechtzeitig austauschen.
Zulüftung / Feuchte im Heizungskeller (Schimmel vermeiden).
Checkliste: Baumkontrolle - Intervall
Mind. 1× jährlich (i. d. R. belaubt), plus anlassbezogene Zusatzkontrolle nach Sturm.
Kontrollpunkte
Krone: Totholz, Pilzbefall, Kronenausbrüche, schlechte Belaubung.
Stamm: Rindenverletzungen, Fäulen, Risse.
Wurzeln/Boden: Pilze, Aufwölbungen, morsche Wurzelanläufe.
Einstufung
Keine Auffälligkeiten / Handlungsbedarf (Kronenschnitt) / akute Gefährdung (Sperrung, Fällung).
Dokumentation
Baumkataster führen: Standort, Art, Höhe, Gesundheitszustand, Maßnahmen.
Fachfirma oder sachkundiger Mitarbeiter? Bei Zweifel: Baumsachverständiger beauftragen.
Anwohnerinformation
Bei Fällungen oder starkem Rückschnitt ggf. Ankündigung (Lärmschutz, Vogelschutzzeiten beachten).
Bei Fällungen oder starkem Rückschnitt ggf. Ankündigung (Lärmschutz, Vogelschutzzeiten beachten).
Bei Fällungen oder starkem Rückschnitt ggf. Ankündigung (Lärmschutz, Vogelschutzzeiten beachten).
Bei Fällungen oder starkem Rückschnitt ggf. Ankündigung (Lärmschutz, Vogelschutzzeiten beachten). - DIN EN 1176-Konformität
Prüfung aller Geräte (Schaukel, Rutsche, Klettergerüst, Wippe, Federgeräte).
Fundamente, Aufhängungen, Seile, Geländer, Fallschutzbelag (Sandhöhe, Gummimatten).
Operative Inspektionen
Wöchentliche Sichtung auf Sauberkeit, Vandalismus (Scherben, Löcher).
Quartalsweiser Funktions-Check (Verschleißteile, Schrauben nachziehen).
Merkblatt: Arbeitsmittel – Auswahl und Bereitstellung
Betriebssicherheitsverordnung § 3: Arbeitgeber muss geeignete, sichere Arbeitsmittel bereitstellen.
Auswahlanforderungen (CE-Kennzeichnung, GS-Zeichen).
Prüfung neuer Geräte vor erster Nutzung, regelmäßige Funktionskontrolle.
Dokumentation: Arbeitsmittelverzeichnis, Prüfplaketten, Wartungsintervalle.
Merkblatt: Hautschutz
DGUV-Empfehlungen: Verwendung von Schutzhandschuhen, Hautcremes bei Reinigungs- und Außenarbeiten.
Hautschutzplan aushängen (Übersicht „Vor der Arbeit“, „Nach der Arbeit“).
Bei Hauterkrankungen: Betriebsarzt / Arbeitsmedizinische Vorsorge.
Merkblatt: Umgang mit PSA (Persönliche Schutzausrüstung)
PSA-Benutzungsverordnung: Pflichten des Arbeitgebers, PSA kostenfrei bereitzustellen.
Schulung der Mitarbeiter: richtiger Gebrauch, Lagerung, Austauschdefekte.
Beispiele: Sicherheitsschuhe S1-S3, Handschuhe, Schutzbrille, Gehörschutz, Absturzsicherung.
Merkblatt: Elektrische Betriebsmittel – richtiger Umgang
DGUV Vorschrift 3: Prüfung ortsveränderlicher Geräte (z. B. Bohrmaschinen, Staubsauger) je nach Nutzungsintensität.
Hinweise auf typische Mängel (defekter Stecker, offene Leitungen).
Verantwortliche Person (Elektrofachkraft) festlegen.
Merkblatt: Verantwortliche Person
Erläutert, wer im Betrieb für die Verkehrssicherung verantwortlich ist (Objektverwalter, Sicherheitsbeauftragter).
Delegation an Dienstleister, aber Kontrolle verbleibt beim Betreiber.
Dokumentationspflichten, Eskalationswege bei Mängeln.
Merkblatt: Gefahrstoffe – Umgang und sichere Lagerung
Kennzeichnung von Reinigungsmitteln, Farben, Gasflaschen etc.
GHS-Symbole, Betriebsanweisungen, Sicherheitsdatenblätter.
Lagerung in belüfteten Räumen, Verschluss, Trennung brennbarer Stoffe.
Vorlage: Begehungsprotokoll Schimmelpilzbefall
Datum, Wohnungsnummer, Räume, Ausmaß des Befalls (Fotos).
Mögliche Ursachen: Wärmebrücke, Lüftungsmangel, Feuchtigkeitseintritt.
Sofortmaßnahmen (Trocknung, Desinfektion, Hinweis an Mieter).
Folgemaßnahmen (ggf. bauliche Sanierung).
Instandhaltungsauftrag Abnahmeerklärung
Beschreibung des Mangels, Auftragsnummer, beauftragte Firma, ausgeführte Arbeiten, Abnahmedatum, Unterschriften.
Für jede Reparatur in Heizung, Elektro, Bauteilen separat.
Nachweis: Räum- und Streupflicht
Formular: Datum, Uhrzeit des Beginns, Wetterlage, eingesetztes Personal/Mittel (Salz, Splitt).
Mehrfache Einsätze (bei Dauerschneefall).
Unterschrift Hausmeister / Firma. Archivierung pro Winterperiode.
Vorlage: Notfallplan Aufzug
Telefonnummern (Notdienst, Prüfstelle, Hausverwaltung).
Handlungsschritte bei Störung (Notbefreiung, Absicherung).
Aushang im Maschinenraum, Kopie im Sicherheitsordner.
Vorlage: Reinigungskontrolle
Räume, Flure, Treppen pro Objekt, Datum, Art der Reinigung (trocken/feucht).
Besonderheiten (starker Schmutz, Beschädigungen).
Unterschrift Reinigungsdienst, Freigabe durch Objektverwalter.
Hautschutzplan Gebäudereinigungsgewerbe
Konkretisiert Einteilung der Handschuharten (Nitril, Latex) bei verschiedenen Reinigungsmitteln, Hautcremes für „vorher/nachher“, Notfallmaßnahmen bei Verätzungen.
Aushang in Putzmittelräumen, Schulungsnachweis für Personal.